Melf-Carsten Hansen hat heute den letzen Arbeitstag bei der Lebenshilfe

Tostedt. Wenn Melf-Carsten Hansen nach seinem letzten Arbeitstag am 8. Juni in den Ruhestand tritt, dann wird ihm der Bau des eigenen Zuhauses in Tostedt beim Beginn des Rentnerlebens über manche Umstellung hinweghelfen. Außerdem geht er guten Gewissens - sein berufliches Haus werde er gut bestellt hinterlassen, sagt Hansen, der seit 15 Jahren die Tostedter Lebenshilfe-Werkstätten geleitet hat. Während einer Feier wird sich die Lebenshilfe Lüneburg-Harburg am 28. Mai offiziell von ihm an seiner Wirkungsstätte im Gewerbegebiet Zinnhütte verabschieden.

37 Jahren in der Behindertenarbeit tätig

Dann blickt der 65-Jährige auf insgesamt 37 Jahre in der Behindertenarbeit und 28 Jahre bei der Lebenshilfe zurück. Er begann 1973 beim Hamburger Spastiker-Verein, wo auch Behinderte aus dem Landkreis Harburg beschäftigt waren. Als der Verein seine Arbeit 1982 einstellen musste, galt es, schnell Ausweichplätze für 30 Menschen zu finden. Da traf es sich gut, dass zu dem Zeitpunkt an der Zinnhütte in Tostedt die große Halle eines Textilbetriebes leer stand.

In nur fünf Monaten gelang es der Lebenshilfe, hier neue Werkstätten zu errichten. Gingen dort anfangs 30 Behinderte einer Arbeit nach, so sind es heute schon 240. Die Vielfalt der Tätigkeiten soll es jedem ermöglichen, den idealen Arbeitsplatz zu finden. Die 80 mal 60 Meter große Halle beinhaltet eine Großküche, eine Wäscherei mit chemischer Reinigung, eine Abteilung, die den Versand für einen Verlag erledigt, und das Fahrradgeschäft "Vehiculo". Außerdem gibt es auf dem 25 000 Quadratmeter großen Grundstück an der Zinnhütte, das der Lebenshilfe gehört, noch das Café "Kiek in" und mehrere Außengruppen.

Fast 1000 Gerichte verlassen täglich die Großküche für Essen auf Rädern, die von Neu Wulmstorf bis Soltau, von Rotenburg bis Winsen geliefert werden. Zu den Abnehmern zählen Kindergärten und Schulen. Das Angebot von Wäscherei und Reinigung kann auch von privaten Kunden genutzt werden - ebenso wie das von "Vehiculo", wo Fahrräder montiert, repariert und verkauft werden. Die Mitarbeiter der Außengruppen sind in Wennerstorf im Lidl-Zentrallager, auf dem Bauernhof des Kiekeberg-Museums oder bei der Gartenpflege am Buchholzer Krankenhaus im Einsatz.

Melf-Carsten Hansen, der im Alter von zehn Monaten an Polio erkrankte und seit 1985 im Rollstuhl sitzt, war von Anfang an in Tostedt mit dabei. Als "alter Hase und Urgestein" sieht er sich, und "das Gute war, dass wir uns hier entwickeln konnten". Der Prozess ist nicht abgeschlossen - es gelte, "immer dynamisch zu bleiben".

So werden mehr und mehr Beschäftigte der Werkstätten durch Langzeitpraktika an den allgemeinen Arbeitsmarkt herangeführt. Sie werden in Betriebe vermittelt und übernehmen dort Handwerkstätigkeiten. Diese Kontakte seien wichtig, die Rückmeldungen positiv, hat Hansen festgestellt.

"Handbiking" ist eines seiner Hobbys

Im Ruhestand wird sich Melf-Carsten Hansen seinem Neubau und seinen Hobbys widmen, dem "Handbiking" - Fahrradfahren mit der Kraft der Hände und Arme - und dem Layouten des Gemeindeblattes der evangelischen Johannesgemeinde in Tostedt. Allzu ruhig will Hansen es allerdings nicht angehen lassen. "Auch ich brauche die Dynamik", sagt er. Wer ihn kennt, glaubt ihm aufs Wort.