52-Jähriger aus Hittfeld soll rund eine Million Euro unterschlagen haben

Hittfeld. Dirk B. bricht in Tränen aus. "Ich wusste, dass ich anderen wehtue. Ich bin froh, dass es vorbei ist", sagt der Angeklagte während seines umfassenden Geständnisses zum Prozessauftakt vor dem Landgericht in Stade. Der 52-jährige Mann aus Hittfeld soll als Finanzmakler rund eine Million Euro unterschlagen haben. Deshalb wird er jetzt der schweren Untreue in 139 Fällen angeklagt.

Angefangen hatte alles mit einer Ausbildung bei der Bank für Gemeinwirtschaft (BfG), die der damals 30-jährige B. zwischen 1987 und 1989 absolvierte. Direkt im Anschluss wurde B. an der Hamburger Börse als Börsenhändler ausgebildet und war bis 1994 in der Anlageberatung tätig.

Dem Angeklagten gelang ein sprunghafter Aufstieg innerhalb weniger Jahre. Das hohe Einkommen und die Erfolgserlebnisse waren neu für den Mann, der nach eigenen Angaben aus armen Verhältnissen kommt. Mit dieser ungewohnten Situation habe er deshalb nicht umgehen können, wollte immer mehr verdienen und spekulierte selbst. Doch nichts sei wie geplant gelaufen, und B. häufte einen Schuldenberg an, bis die BfG ihm 1994 die Kündigung nahe legte. B. musste eine Schuldanerkenntnis über eine Million Mark (rund 500 000 Euro) unterschreiben und erhielt kein Arbeitszeugnis. Kurz zuvor hatte sich der Angeklagte zudem ein Haus in Hittfeld für 500 000 Mark gekauft. Somit versuchte er als selbstständiger Finanzberater, Geld zu verdienen. Das gelang durch viele falsche Anlageentscheidungen jedoch nicht.

Schließlich habe B. Kontoauszüge gefälscht und seinen Kunden falsche Tatsachen vorgespiegelt. Er beließ die Anleger in dem Glauben, nach wie vor über beträchtliche Guthaben zu verfügen. Die Gelder habe er zum Teil selbst abgezogen, um eigene Kosten zu decken. Zudem habe er Gewinne vorgetäuscht und eine zehnprozentige Gewinnbeteiligung in Rechnung gestellt.

Durch Mundpropaganda habe sich sein Kundenstamm stetig erweitert. "Nachher war ich nur noch beschäftigt, hin- und her zu buchen, und habe versucht, Löcher zu stopfen", sagt der 52-Jährige. So habe er zum Beispiel Geld anderer Kunden verwendet, falls ein Kunde Geld eingefordert hatte. Über Jahre führte B. dieses Vorgehen fort.

"Ich habe nur noch in Angst gelebt, habe jeden Tag damit gerechnet, dass ich auffliege", sagt er. Doch er verdrängte seine Ängste, fing an zu trinken und zerstörte sein ganzes Leben. Seine Ehe ging zu Bruch, den Führerschein verlor er wegen Alkohols am Steuer. Im Jahr 2004 erlitt er einen Herzinfarkt, wegen Herz-Rhythmus-Störungen landete er in der Folge immer wieder auf der Intensivstation, spielte sogar mit Selbstmordgedanken. Doch er vertraute sich niemandem an.

"Ich habe mich geschämt", sagt der Angeklagte. Selbst einer Psychologin habe er sich nicht anvertraut, sondern in den Sitzungen geschauspielert. Als Grund für seinen Alkoholkonsum gab er Eheprobleme an.

Seit November 2009 sitzt B. nun in Untersuchungshaft. Mit seinem umfassenden Geständnis zum Prozessauftakt möchte B. eine möglichst geringe Strafe erreichen. Ob und inwieweit es sich strafmildernd auswirkt, dass er alles zugegeben hat, werden die kommenden Prozesstage zeigen.