Nach der Finanzkrise verzeichnet die Forstwirtschaft im Hamburger Süden wieder steigende Preise

Undeloh. Zellstoff, Rohstoff für die Papierproduktion, wird knapp. Bei Aldi kostet Toilettenpapier 1,95 Euro - vor Beginn der Wirtschaftskrise kam der Kunde mit 1,55 Euro aus. Wenn Deutschlands Discounterkrösus und Preisbrecher die Klopapierpreise anzieht, ist das ein sicheres Zeichen dafür: Der Holzmarkt erlebt einen Aufschwung.

Höhere Preise für Toilettenpapier ärgern den Verbraucher - und erfreuen den Waldbesitzer. Die Forstwirtschaft im Süden Hamburgs hat die Finanz- und Wirtschaftskrise überstanden. Nach Angaben der Landwirtschaftskammer Niedersachsen haben die Preise für Nadelholz die Spitzenpreise der Jahre 2006 und 2007 nahezu erreicht. Nadelholz, dessen Anteil in den Forstbetrieben der Nordheide bei 80 Prozent liegt, ist wieder ein gutes Geschäft. Die Kammer rät den Waldbesitzern, die "sehr gute Vermarktungssituation" zu nutzen.

"Der Bedarf und die Preise für Nadelholz steigen", sagt Norbert Leben, Vorsitzender der Forstwirtschaftlichen Vereinigung Nordheide-Harburg. Kostete der Festmeter Fichtenstammholz im Februar 2009 nur 60 Euro, liegt der Preis in diesem Frühjahr bei 75 Euro. Brachte der Festmeter Kiefernholz während der Wirtschaftskrise nur 48 bis 52 Euro ein, sind es heute 65 Euro.

Der Verein vertritt 2600 private Waldbesitzer mit insgesamt 30 000 Hektar Waldfläche. Im März hat Norbert Leben einen zusätzlichen Mitarbeiter eingestellt. Fachkräfte wie Maschinenführer und Waldarbeiter sind aus der Kurzarbeit während der Wirtschaftskrise zurückgekehrt.

Die Gründe für die Preisexplosion: Ein Erdbeben in Chile, einem der wichtigsten Holzproduzenten der Welt, hat am 27. Februar die Infrastruktur des Landes zerstört. Die Häfen sind blockiert, das Holz kommt nicht aus dem Land. China kauft den europäischen Markt leer. In Finnland streikten die Sägewerksarbeiter für bessere Löhne. Wegen des ungewohnt kräftigen Winters in Spanien kamen die Holzfäller später in die Wälder aus üblich. Und in Deutschland waren die Sturmschäden geringer als in den Jahren zuvor. Das Orkantief "Xynthia" vom 28. Februar blieb ohne nennenswerte Auswirkungen auf den Holzmarkt. Das entstandene Schadholz drückt nicht auf die Preise. Die Sägeindustrie verarbeitet es vollständig im Rahmen bestehender Verträge.

Wo sind die Absatzmärkte für das in der Nordheide produzierte Holz? "80 bis 85 Prozent bleiben in Deutschland", sagt Norbert Leben. Wichtiger Abnehmer sei ein Sägewerk in Ottersberg bei Bremen, das Baulatten und Spane herstellt. In Uelzen werden Platten gezimmert, in Stendal entsteht Zellstoff - gebleichte, chemisch aufgeschlossene Fasern für die Produktion von Papier, Küchenrollen oder Klopapier. Energieholz, also Pellets zum Heizen, gewinne an Bedeutung. Zurzeit liege der Gesamtanteil an der Holzproduktion noch unter zehn Prozent. "Bei uns hat dann die stoffliche Verarbeitung Vorrang vor der energetischen", sagt Norbert Leben.

Trotz der guten Preise auf dem Holzmarkt: Die Waldbesitzer in der Nordheide holzen jetzt nicht die Landschaft kahl. Das käme auch der Zerstörung des Gesamtkapitals gleich. Man könne in einem Jahr mal mehr Bäume schlagen als in dem anderen, sagt Norbert Leben. Die Waldbesitzer würden sich aber grundsätzlich dem Nachhaltigkeitsprinzip unterwerfen. Das bedeute: Die Forstbetriebe ernten nie mehr als nachwächst. Norbert Leben beziffert den Anteil derer, die diesen Grundsatz missachten, auf nur ein Tausendstel - also eine verschwindend geringe Größe.

Die Holzwirtschaft in Niedersachsen dürfte bei einem boomenden Holzmarkt wie zurzeit einen Jahresumsatz von 600 Millionen Euro erzielen. Etwa 70 000 sozialversicherungspflichtige Jobs in rund 10 000 Unternehmen hängen direkt oder indirekt von der Holzwirtschaft ab. Dazu zählen auch Beschäftigte in den Verlagen, in der Druckindustrie, in der Holzbearbeitung und -verarbeitung.