Die windschiefen Energietürme stießen bei der Podiumsdiskussion des Helms-Museums auf wenig Gegenliebe.

Harburg. Ein architektonisch verschrobenes Turmgebäude mit Windrad in der Dachkonstruktion könnte Harburg zu einem ökologischen Vorzeigeort in der Welt werden lassen. Hamburg als europäische Umwelthauptstadt 2011 hätte die Möglichkeit, sich mit dem Vorhaben zu rühmen. Die Eigentümer des Harburger Industriegeländes an Nartenstraße und Neuländer Straße, auf dem sich seit mehr als 150 Jahren die Gebäude der Harburger Gummikamm Compagnie, später New York-Hamburger Gummi-Waaren Compagnie (NYH), befinden, planen dort einen neuartigen Gewerbepark namens "EcoCity" anzulegen, der sich mit eigener Stromerzeugung durch Windkraft und Solaranlagen weitgehend unabhängig von fossilen Brennstoffen machen könnte. Die Mieter im Gewerbepark EcoCity hätten Vorteile durch vergleichsweise geringe Nebenkosten, und auch die Umwelt würde profitieren. Dass die vorwiegend in Süddeutschland ansässigen Investoren für etwa 60 Millionen Euro ihre EcoCity bauen können, wie von dem Schweizer Büro TEC Arcitecture Swiss AG geplant, ist derzeit aber kaum vorstellbar.

Das Harburger Helms-Museum, das sich in einer Sonderausstellung "Modelle zur Harburger Stadtgeschichte" mit der industriellen Entwicklung Harburgs befasst, hatte dazu Fachleute zu einer Podiumsdiskussion in den Hörsaal der TuTech GmbH, Harburger Schloßstraße, geladen, um die aktuelle Entwicklung auf dem NYH-Gelände zu beleuchten. Der Historiker Dr. Jürgen Ellermeyer (Museum der Arbeit) bezeichnete die 1856 gegründete Gummikamm-Fabrik als ersten Industriemotor. Bis dahin lebten nur 5500 Menschen in Harburg. TEC-Architekt Sebastian Knorr stellte das ökologische Gesamtkonzept der EcoCity vor: "Wir wollen den Kohlendioxydausstoß pro Mensch und Jahr von zwölf auf sieben Tonnen reduzieren." Bei der aktualisierten Planung werde auf Forderungen des Bezirks und des Denkmalschutzes eingegangen. Die alten NYH-Gebäude sollen als Ganzes und nicht nur als Fassade stehen bleiben können. Weitere Nutzung wegen Belastung mit Nitrosaminen allerdings nur für Lagerzwecke. Und für die Stromerzeugung soll nur noch ein auf 65 Meter Höhe begrenzter Turmbau errichtet werden. Im Gebäude wäre Hotelbetrieb vorgesehen. Der Harburger Architekt Johann-Christian Kottmeier hält es für wichtig, bei einer derartigen Neugestaltung des hafennahen Industriegebiets die Meinung der Bevölkerung in die Planungen einzubeziehen. Bezirksamtsleiter Torsten Meinberg denkt in ähnliche Richtung. Für den gesamten Bereich Nartenstraße/Neuländer Straße/Hannoversche Straße soll ein neuer Bebauungsplan aufgestellt und ein Architekten-Wettbewerb ins Leben gerufen werden. Das kann Jahre dauern. Ob die Investoren der EcoCity so lange warten wollen, ist fraglich. Die Podiumsdiskussion war von etwa 100 Zuhörern besucht, darunter zahlreiche Bezirkspolitiker und Vertreter der Verwaltung. Meinungbild: Investitionen und neue Ideen erwünscht, aber auch Altes erhalten.