Mein Fitnessstudio ist großartig. Die Geräte sind neu, es gibt viel Platz und keinerlei Pilates-, Powerlach- oder Lautschrei-Kurse. Aber zugegeben - ich gehe vor allem wegen des guten Kaffees hin.

Bei einer schönen Tasse entfaltet sich die Wirklichkeit in einer ganz besonderen Dichte - man könnte meinen, das Studio sei ein Schmelztiegel der Kulturen. Hier finden sich Menschen unterschiedlichster Herkunft mit dem gemeinsamen Ziel zusammen, die persönliche Attraktivität zu steigern.

Sonnengebräunte Männer mit Adoniskörpern trainieren in hautengen RipShirts neben transpirierenden Büroangestellten mit Hornbrille. Axel und Francesco lachen Herrn Müller und Herrn Maier aus, weil die keine Muskeln haben - und Herr Müller und Herr Maier lachen Axel und Francesco aus, weil die kein Hirn haben. Und wir lachen, weil wir denken: "Wir sind anders, wir dürfen das - bei uns sind Hirn und Muskeln vereint". Manchmal mache ich dort aber auch Sport. Gerade letzte Woche habe ich der Trainerin geholfen, die Fußmatten aus den Umkleidekabinen zu tragen.

Dabei fiel mir im Vorbeigehen der einzige Kurs auf, den mein Studio zu bieten hat: Cycling. Angeleitet von einem Trainer saßen etwa zehn Menschen auf Fahrrad-Cardiogeräten und strampelten sich Seele, Lunge und literweise Schweiß aus dem Körper. Dazu schrie der hauteng gewandete Einpeitscher einleuchtende Kommandos wie "schneller, schneller, schneller" und "tretet in die Pedale". Auch direkte Aufforderungen wie "Uwe, kannst du schon wieder nicht mehr? Ich will dich schwitzen sehn!", waren zu vernehmen.

Diesen Wunsch teilte ich nicht und folgte lieber der netten Trainerin zurück zu einer frischen Tasse Kaffee.