Meine Tante Karoline bekommt immer Komplimente wegen ihrer wunderschönen roten Haare. Sie sind ihr herrlichster Schmuck. Schon als Kind erntete sie erfreute Blicke, so gut passte ihre Lockenmähne zu ihrer hellen, milchigen Porzellanhaut und den strahlend grünen Augen.

Als sie mir neulich gestand, dass ihr Haar eigentlich schon vor Jahren ergraut ist, war ich überrascht. Nie hätte ich gedacht, dass eine Haar-Coloration so täuschend echt und natürlich wirken kann. Besonders rot gefärbte Haare sind doch auf Anhieb zu erkennen. Was auf der Packung als "Mahagoni" oder "Ahorn" ausgewiesen ist, wird in der Realität oft zum "Ampelmännchen" oder "Kirschsaft". Meine Freundin Sandy, die ossifeindliche Sprüche klopfen darf, da sie selbst aus Dresden stammt, spricht sogar von "Zonenrot" - ihren Ausführungen nach die einzige Haarfarbe, die es in der damaligen DDR zu kaufen gab. Bis heute erfreut sie sich ungebrochener Beliebtheit. Manchmal denke ich, dass feuerrot gefärbte Haare eines der wenigen Beispiele einer gelungenen Wiedervereinigung sind.

"Wasserstoffblond" ist ein stehender Begriff. Als gefärbt sofort erkennbar sind auch gelbe Haare oder brünette mit dunklen Rändern am Haaransatz. Die abenteuerlichste Haarfarbe aber ist "Kornblumenblau". Sie verbindet die Generationen: Kleine Kinder zu Fasching, jugendliche Punker mit Irokesenschnitt, betagte Damen - sie alle färben sich die Haare blau.

Manchmal spiele ich mit dem Gedanken, mir das Haar zur Hälfte kornblumenblau und zur anderen Hälfte rot zu färben - ein Signal für eine Gesellschaft in grenzenloser Harmonie. Vielleicht ist das auch der wahre Grund dafür, warum sich manche Damen ihre Dauerwelle lila färben lassen.