Das Festival der Straßengaukler sorgte für tausende Besucher. Viele halten die Marketingmaßnahme dennoch für eine Eintagsfliege.

Harburg. Es hat funktioniert. Zumindest an diesem Sonntag. Mit dem großen Festival der Straßenkünstler ist es der Aktionsgemeinschaft der Harburger Kaufleute und dem Citymanagement gelungen, die Harburger Fußgängerzone am ersten verkaufsoffenen Sonntag des Jahres mit Leben zu füllen. Artisten, Clowns, Feuerspucker und viele andere Schausteller lockten tausende Besucher zum Bummeln in die Lüneburger Straße und sorgten für ein dichtes Gedränge, das in dieser Form selten in der Harburger Innenstadt anzutreffen ist.

Besonders großen Applaus ernteten verschiedene Tanzgruppen des Harburger Turnerbundes, die auf einer provisorischen Bühne an der Kreuzung Lüneburger Straße/Ecke Bremer Straße im Laufe des Nachmittags mehrmals mit Musicaleinlagen für gute Laune sorgten. "Für die Mädchen ist es toll, vor solch einem großen Publikum ihr Können zu präsentieren", freut sich Tanzpädagogin Nadine Senkpiel, die gemeinsam mit den Mädchen eine Choreographie des Musicals "Tanz der Vampire" zum Besten gegeben hatten. "Da sind solche Veranstaltungen natürlich ideal."

Weil ihre Tochter unter den Tänzerinnen war, nutze auch Sofia Triantafilidis den Sonntag für einen Bummel durch die Innenstadt. "Ich lebe seit 1985 in diesem Stadtteil und die Qualität der Fußgängerzone hat schon ziemlich abgebaut", so die Harburgerin. "Das ist wirklich sehr schade." Der gleichen Meinung ist Rolf Biederer. "Ich kenne noch die Zeiten, als die Straßenbahn hier durch die Stadt gefahren ist. Und ich bedauere es sehr, dass das alles so verkommt", so Biederer. "Heute ist es ja mal wieder voll und sehr belebt, aber das kennt man ja überhaupt nicht mehr." Der Harburger ist aber nicht der Meinung, dass das Phoenix-Center dafür verantwortlich sei, dass das Stadtzentrum bei vielen Harburgern immer unbeliebter wird. "Man muss sich doch mal den gesamten Süden anschauen. Das ist doch beispielsweise in Neugraben nicht anders. Überall sterben die Stadtzentren aus."

Ein Publikumsmagnet war an diesem Tag der Fakir und Feuerschlucker Ali Bengali, der im echten Leben Horst Glissmann heißt. Während seiner spektakulären Shows bildeten sich riesige Menschentrauben um den Künstler, die ihm bei seinen waghalsigen Tricks zujubelten. "Ich war bereits im vergangenen Jahr hier und verdiene auch einen Großteil meines Lebensunterhalts mit meiner Arbeit als Künstler", verrät der 60-Jährige. "Ich freue mich, auch dieses Jahr dabei zu sein." Mehrere Male ließ der Artist große Flammen aufleuchten, stand auf Nagelbrettern und ließ Rasierklingen auf seiner Zunge tanzen.

Die Harburgerin Özgül Senol nutzte den Sonntag zum Einkaufen, freute sich aber auch darüber, dass ihre Kinder aufgrund der vielen Schausteller und Artisten Spaß am Stadtbummel hatten. Und da musste natürlich auch bei Straßenkünstlerin Olivia Neumann Halt gemacht werden, die ihren beiden Kindern Benian (7) und Ilyyda (9) zwei Ballonfiguren zauberte. Die Harburgerin genoss es sichtlich, einmal wieder im Freien einkaufen zu gehen, weil für sie sonst immer das Phoenix Center die erste Anlaufstelle sei. "Es ist wirklich schade, aber hier bekommt man wirklich nicht mehr alles - das Center ist einfach attraktiver", so Özgül Senol. "Bei Veranstaltungen wie diesen ist die Innenstadt zwar mal wieder extrem voll, aber ich weiß nicht, ob das jetzt aufgrund dieser Aktion zwangsläufig anhalten wird."

Für einen kleinen Stadtbummel am Nachmittag hatten sich auch Linda und Michael Schulze entschieden. Kurzerhand ließ sich die junge Frau von Schnellzeichner Jurij portraitieren, bevor es in der Fußgängerzone in Richtung Karstadt weitergehen sollte. "Eigentlich haben wir uns mehr davon versprochen", gibt Michael Schulze zu. "Aber man ist wahrscheinlich vom Phoenix-Center verwöhnt. Das ist eben starke Konkurrenz."