City-Management wirbt vergebens für besseren Branchenmix. Zwei Sozialkaufhäuser, Ein-Euro-Shops, Imbissläden - inhabergeführte Geschäfte sind Mangelware.

Harburg. Noch ein Sozialkaufhaus soll her: Das ist unter anderem ein Ergebnis der Zusammenkunft des Harburger Sozialausschusses.

Damit wird die Kaufstätte von In Via, wie berichtet, im Mai am Küchgarten eröffnen, direkt gegenüber des SpendaBel Sozialkaufhauses. Abgezielt wird auf die gleiche Klientel: Hartz-IV-Empfänger, Rentner mit geringen Bezügen und Jobber mit einem Einkommen, das 800 Euro nicht übersteigt. Außerdem können Langzeitarbeitslose in beiden Einrichtungen im Rahmen von Näh- und Möbelaufbereitungs-Workshops erste Schritte in Richtung Beschäftigung unternehmen.

"Es ist gut, dass es in Harburg diese Einrichtungen gibt. Viele Harburger leben in prekären Verhältnissen. Wo sonst können diese Menschen sich auch mal mit ihren kleinen Einkünften was gönnen", sagt Kay Wolkau, Abgeordneter der Grünen. - unter anderem in Ein-Euro-Shops, Billigläden und Imbiss-Lokalen an der Lüneburger Straße. Für Kunden in bitteren finanziellen Notlagen steht neuerdings ein Pfandhaus bereit.

Es scheint so, als ob sich die Vermieter an der Lüneburger Straße auf den Abwärtstrend in Harburgs zentraler Einkaufsstraße und der damit verbundenen Kundenklientel sehr gut eingestellt haben. Im Büro für Citymanagement sieht man die Entwicklung mit Sorge, sollte man doch Geschäfte mit höherwertigem Sortiment an die Lüneburger Straße anlocken. Der diesem Ziel entgegenwirkende "Trading down Effect" (Abwärtstrend) macht Citymanager Matthias Heckmann ratlos. "Wir können nur immer wieder auf die Vermieter einwirken und sie auf die negativen Aspekte eines eher einseitigen Branchenmix aufmerksam machen", so Heckmann. Und das gleicht einem Mantra: So versteht man unter dem Trading Down Effect den Qualitätsverlust von Einkaufsstraßen durch Verdrängung des traditionellen, gehobenen Einzelhandels und den Rückgang der Angebotsvielfalt. Hervorgerufen wird dieser Effekt unter anderem durch die Konzentration von Billigläden und Schnellimbissen, aber auch durch konsequenten Leerstand von Geschäftsflächen. Liegt dieses Szenario erst einmal vor, werden neue, höherwertige Sortimentsanbieter abgeschreckt, da ihre Kundschaft ausbleibt. "Wir können nur immer auf diese Entwicklung hinweisen, versuchen immer wieder, Köpfe in eine andere Richtung zu bewegen", so Heckmann. Er wünscht sich für Harburgs City eher kleinere, inhabergeführte Geschäfte, die zahlungskräftigere Klientel in die Shopping-Meile führt -"so, wie es früher einmal war". Auch Politik und Verwaltung können die Abwärtsspirale nicht stoppen. So lassen sich auf der Grundlage des Trading-Down-Effects Gebäudenutzungen planungsrechtlich durchaus festlegen. Zwar kann die Verwaltung durch eine entsprechende Festsetzung im Bebauungsplan durchsetzen, dass Innenstädte nicht mit Spielhallen oder Sexclubs zugepflastert werden. Auch gegen die Ansiedlung von Discountern an der B 73 lässt sich etwas unternehmen. Doch gegen die Konzentration von Billigläden in Harburgs Innenstadt verwaltungsrechtlich einen Riegel vorzuschieben - da hat sich noch keiner rangetraut. "Das ist aussichtslos. Hier gilt die Gewerbefreiheit uneingeschränkt", sagt Ralf-Dieter Fischer, Jurist und Vorsitzender der CDU in der Bezirksverwaltung. "Die Eigentümer der Gebäude an der Lüneburger Straße können selbst entscheiden, mit wem sie einem Mietvertrag abschließen", so Rolf Buhs, CDU, Vorsitzender des Stadtplanungsausschusses. Das sei der Knackpunkt. Buhs: "Die Auswirkungen müssen wir bedauerlicherweise hinnehmen."