Training muss sein: Die künftigen Schulanfänger werden rechtzeitig auf die Gefahren des Schulweges vorbereitet.

Harburg. Axel und Ibo, beide sechs Jahre alt, haben schon gelernt, dass sie aufmerksam nach links und rechts schauen müssen, wenn sie über die Straße gehen sollen. "Andere Kinder sind noch sehr unsicher", sagt Polizeioberkommissarin Kerstin Grabowski (47). Gemeinsam mit ihren Kollegen von den Polizeiwachen in Neugraben, Harburg und Wilhelmsburg gibt sie eine Woche lang 80 Harburger Vorschulkindern aus Kindertagesstätten Verkehrsunterricht. Neun Beamte - Verkehrslehrer und zwei bürgernahe Beamte - treffen sich jeden Tag an der katholischen Schule am Reeseberg und unternehmen mit jeweils acht bis zehn Jungen und Mädchen Spaziergänge in die Umgebung, um sie auf die Gefahren im Straßenverkehr aufmerksam zu machen. "Aktion Verkehrsfuchs" heißt das große Präventionsvorhaben der Polizei. Immer zu Zweit gehen die Ordnungshüter mit den Kleinen los, "damit wir auf die Lütten vernünftig eingehen und auch auf sie aufpassen können", sagt Grabowski. Mit ihr ist Polizeihauptkommissar Bernd Irmer (53) unterwegs. Ab und zu machen die beiden zum Vergnügen der Kinder auch Erwachsene auf Versäumnisse aufmerksam. "Anschnallen", ruft Irmer einer Autofahrerin zu, die vergessen hatte, den Sicherheitsgurt anzulegen und trotzdem losfuhr. Emre (6) und Niklas (6) grinsen. Gerade haben sie mit Kerstin Grabowski ein kleines Aufwärmtraining hinter sich. "Wir haben rechts und links trainiert und auch, wie man sich richtig umdreht." Denn einige Teilnehmer haben motorische Schwierigkeiten, können ihre Arme nicht richtig anheben und den Kopf nur schlecht drehen.

"Das stellen wir in den vergangenen Jahren immer wieder fest. Viele Kinder haben kaum Gelegenheit, sich zu bewegen und ihre Muskulatur auszuprägen", so Irmer.

Und es gibt noch ein Problem. "Eltern neigen dazu, ihren Sprösslingen vieles abzunehmen, nehmen sie an die Hand und gehen mit ihnen über die Straße, anstatt es sie selbst einmal probieren zu lassen", berichtet der Beamte. Sie sollten selbstständiger werden, damit sie ihren Schulweg künftig meistern. Emily (6) ist froh, dass sie von Kerstin Grabowski an der Fußgängerampel am Reeseberg erst einmal an die Hand genommen wird. Ruhig erklärt ihr die Beamtin, dass sie, wenn das Ampelmännchen grün zeigt, trotzdem noch einmal nach links und rechts schauen sollte. Dann darf sie es selbst mal ausprobieren. "Nicht losrennen, ruhig über die Fahrbahn gehen", rät die 47-Jährige dem Mädchen. Dann geht es zur Nöldekestraße. Beamte und Kinder passieren einen mit Graffiti beschmierten Stromkasten. "Darf man den Kasten anmalen?", fragt Irmer Emre und Niklas. "Nein", kommt es von den beiden. Auch das gehört zum Unterricht.

Zum Ende des Spaziergangs erhalten die Kinder rote Käppis und eine Verkehrsfuchskarte. "Ich glaube, die Kinder haben was gelernt mit uns", sagt Grabowski. Da ist sich Bernd Irmer ganz sicher.