Ein schlichtes schwarzes Hemd habe ich mir kürzlich im Kaufhaus ausgesucht. Zu Hause erkannte ich beim Auspacken innen am Kragen einen Markennamen: “Commander XL“ stand dort in winzigen Buchstaben.

"Endlich habe ich mit Commander einen angemessenen Status", lachte ich. Meine Teuerste warf mir einen erstaunten Blick zu.

Es ist ja bekannt, dass Markennamen gerade in der Bekleidungsbranche von großer Bedeutung für Kaufentscheidungen sind. Suchen wir damit unbewusst eine andere Identität? Kann zum Beispiel der Name eines T-Shirts rätselhaften Einfluss auf denjenigen haben, der es trägt? Wie müsste ich mich dann fühlen?

Vielleicht passiert sogar Folgendes: Trage ich dieses T-Shirt, strafft sich automatisch mein Körper, bekommt eine aufrechtere Haltung und strahlt kontrollierte Energie aus. Meine Bewegungen sind ruhig und beherrscht. Aber sie verraten auf unverwechselbare Art konzentrierte Kraft und Disziplin eines Mannes, der es gewohnt ist, alles unter Kontrolle zu haben. Auch sich selbst: Verschafft mir dieses magische T-Shirt die Aura eines echten Commanders?

Womöglich fühle ich mit jeder Faser meines Körpers, dass ich ein Commander sein könnte. Aber wenn das wirklich so ist, trenne ich den Markennamen heraus. Es ist für mich zu anstrengend, in die Rolle eines auch nur annähernd authentischen Commanders zu schlüpfen. Ich will mal dieser oder jener sein, der ich auch sonst bin: Kuddel Daddeldu oder Käpt'n Blaubär zum Beispiel.