Der Schutzmann an der Straßenecke, der das Milieu genau kennt - er ist immer seltener in Harburg und Wilhelmsburg zu sehen.

Harburg. Das geht aus einer Senatsanfrage vom SPD-Sicherheitsexperten und Bürgerschaftsabgeordneten Andreas Dressel hervor. "Die sichtbare Polizeipräsenz ist nicht nur vor Ort, sondern hamburgweit um fast neun Prozent zurückgegangen. Die Zahlen beweisen, dass die Stellenstreichungen bei unserer Polizei und die Abschaffung der Dienstgruppe Präsenz im vergangenen Jahr deutlich zu Lasten der bürgernahen Polizeiarbeit geht", so Dressel im Gespräch mit der Rundschau. Leisteten Beamte in Wilhelmsburg in 2008 noch 17 246 Präsenzstunden, waren es im vergangenen Jahr noch 14 710 Stunden, immerhin ein Minus von 14,7 Prozent.

Und in Harburg, wo man sich von der Zusammenlegung der beiden Polizeikommissariate 45 und 46 Synergieeffekte und einen zielgerichteten Einsatz des Personals erhoffte, lassen sich Streifen ebenfalls nicht mehr so häufig auf der Straße blicken, wie noch in 2005 (33 559 Stunden). 2009 waren es 23 370 Stunden, in 2008 noch 23 904 Stunden. Laut Dressel hätte es für Harburg "noch schlimmer kommen können. Doch hier habe der politische Druck gegen die Folgen der Stellenstreichungen und die massive Kritik gegen die Auflösung der Präsenzgruppen wohl Erfolg bei der Innenbehörde gezeigt."

Die Zeche für den Rückzug der Polizeistreifen in Brennpunktstadtteilen im Hamburger Süden zahlen wohl langfristig die Bürger. "Es ist hinreichend bekannt, dass regelmäßige Polizeipräsenz in den Stadtteilen dabei hilft, Verbrechen zu vermeiden", so Jurist Dressel. Hier jedoch kehre die Polizei den Bürgern den Rücken. "darunter leidet das subjektive Sicherheitsempfinden. Die Menschen haben Angst vor Kriminalität."

Die Innenbehörde weist die Vorwürfe zurück, bezeichnet die Ausführungen Dressels als "verlogen". Grund zur Panik bestehe nicht. "Die rückläufigen Zahlen gegenüber 2008 lassen sich auch durch die Auflösung der Dienstgruppen Präsenz im Herbst 2009 erklären. Die Beamten, die zuvor meist tagsüber unterwegs waren, arbeiten nun wieder im Vier-Schicht-Betrieb", so Behördensprecher Frank Reschreiter. Somit seien sie "flexibel einsetzbar und grundsätzlich wieder rund um die Uhr für die Bürger erreichbar".

Auch für die jährlichen Schwankungen hat Reschreiter eine Erklärung: "Das hängt vom Umfeld der einzelnen Polizeikommissariate ab." Soll heißen: Beobachten die Beamten in ihrem Stadtteil etwa eine Zunahme von Verbrechen - Straßendiebstahl oder Dealen mit Drogen - wird die Polizeipräsenz erhöht. Ist die Kriminalität eingedämmt, werden die Ordnungshüter wieder abgezogen und die Präsenz wieder auf eine "Normalmaß", so Reschreiter, zurückgefahren. Zu der Frage, was in Brennpunktstadtteilen ein Normalmaß ist, äußerte sich die Innenbehörde nicht.

Stattdessen gab es Schelte für SPD-Mann Dressel: "Auch im vergangenen Jahr leistete die Hamburger Polizei immer noch mehr als doppelt so viele Präsenzstunden als zu SPD-Regierungszeiten", so Reschreiter.