Dieser Bebauungsplanentwurf ist heikel: Menschliche Schicksale hängen von der Absicht der Gemeinde Seevetal ab, das seit Jahrzehnten gewachsene und nur geduldete Wochenendhausgebiet Lindhorster Heide, faktisch eine Waldsiedlung, nachträglich zu legalisieren.

Lindhorst. Zum Beispiel das Schicksal einer Bewohnerin, die vor 16 Jahren dort ein Haus gekauft und nun fast abbezahlt hat. "Wenn ich keine Genehmigung für ein Wohnhaus bekomme, kann ich zum Sozialamt sehen", sagt sie zu den Politikern im Seevetaler Planungsausschuss.

Ein anderer Härtefall ist ein Mann, der für 80 000 Euro ein Grundstück für ein Ferienhaus gekauft hat. Er ließ die Frist der erteilten Baugenehmigung verstreichen. Jetzt wisse er wegen der inzwischen erlassenen Veränderungssperre nicht, ob er noch bauen dürfe oder das Geld in den Sand gesetzt habe.

Der von der Gemeinde beauftragte Architekt Michael Koch vom Büro "Arch + Stadt" hat jetzt im Seevetaler Planungsausschuss die Eckdaten für das geplante Baurecht in der Lindhorster Heide vorgestellt. Die grundsätzlichen Ziele: Der Waldcharakter des etwa 200 Hektar großen Gebiets soll als Erholungsraum bewahrt bleiben. Ein Wohngebiet soll dort ausgeschlossen sein, die vorhandenen Gebäude aber gesichert werden.

Das könnte für die Waldbewohner bedeuten: Wochenendhäuser sind bis maximal 70 Quadratmeter Geschossfläche zulässig. Dachgeschosse seien möglich, würden aber mit den 70 Quadratmetern verrechnet. Höchstens zwei Nebengebäude sollen zulässig sein mit insgesamt 30 Quadratmetern Fläche. Carports wären erlaubt, Garagen nicht. Zusätzlich sollen bis zu 15 Quadratmeter große Terrassen zulässig sein. Seevetals Bauamtsleiter Gerald Meyer betont: Wer ein 75 Quadratmeter großes Haus habe, müsse nicht fünf Quadratmeter absägen. Jeder Fall werde einzeln geprüft.

Der Planungsausschuss gibt zwar keine Empfehlung ab, weil die Fraktionen die Vorschläge Michael Kochs beraten wollen. In ersten Stellungnahmen von CDU/FDP, SPD und Grünen wird aber deutlich: An den Eckwerten wird sich nicht mehr viel ändern. Nur Thomas Wick (Freie Wähler) zeigt sich unzufrieden: "Wir wollen einen Baustopp", sagt er, "es dürfen keine weiteren Gebäude hinzukommen."

Bei ihrer Bestandsaufnahme in der Lindhorster Heide sind Michael Koch und Mitarbeiter zu dem Ergebnis gekommen, dass beinahe jedes dritte Haus in der Lindhorster Heide dauerhaft bewohnt werde. Teilweise, so Koch, gebe es Bewohner, die sich im Wald verwirklichen, wie es in einer Mietwohnung unmöglich sei.

Insgesamt gibt es laut Michael Koch 160 Hauptgebäude, 21 bis 290 Quadratmeter groß.

Dazu kämen 560 Nebengebäude. Das seien statistisch gesehen dreieinhalb Nebengebäude pro Grundstück. Nur noch zwei, so der Vorschlag, sollen in Zukunft erlaubt sein. "Es wird keine überproportionale Abrisswelle geben", sagt Michael Koch. "Aber zu gewissen Rückbauten muss es kommen."

Offen bleibt die Frage: Dürfen die Bewohner ihre Grundstücke einzäunen. Die Politiker wollen den Wald für Spaziergänger offen halten, höchstens Einfriedungen unmittelbar vor den Häusern zum Schutz der Privatsphäre zulassen. Die Hausbesitzer sehen darüber hinaus rechtliche Probleme: Wer haftet, fragen sie, wenn einem Spaziergänger auf meinem Grundstück ein Ast auf dem Kopf fällt?