“Es war Stunk in der Bude und zwar von beiden Seiten“, sagte Rechtanwalt Hans-Joachim Berrer. “Es wäre gut gewesen, man hätte mal darüber geredet.“ Und zwar bevor das alles passiert ist: Der Streit, die Beschimpfungen, die Vorwürfe.

Winsen. Gestern wurde am Amtsgericht Winsen ein Fall verhandelt, der vor Jahren als Nachbarschaftsstreit begonnen hatte.

Ganz idyllisch liegt Dierkshausen bei Hanstedt in der Nordheide. Die Grundstücke sind von hohen Hecken umfasst, auf der Straße grüßt man sich und im Dorf kennt jeder jeden.

Doch die Idylle trügt. "Heinz N. hat seinen Hund scharf gemacht, dafür war er bei allen Nachbarn bekannt", sagte Ines W. aus Dierkshausen. Die Hausfrau hatte den 65 Jahre alten Rentner angezeigt, wegen Beleidigung und Körperverletzung.

"Am 1. September 2009 bin ich mit unserem Hund spazieren gegangen", so die 49-Jährige. Auf einem Feldweg sei ihr der Angeklagte mit seinem Schäferhund entgegen gekommen. Er habe seinen Hund losgelassen, der sei auf ihren Hund losgegangen. "Ich bin weiter gegangen, habe nach meinem Hund gepfiffen." Doch anstatt seinen Schäferhund zurückzurufen, sei Heinz N. ihr gefolgt, habe erst ihren Hund getreten, anschließend sie als "Schlampe" beschimpft und ihr dreimal mit der Hand auf die Wange geschlagen. Von den Schlägen habe sie ein blaues Auge und einen Hörsturz davon getragen. "Unter dem danach aufgetretenen Tinnitus leide ich bis heute", so Ines W. Die blonde Frau spricht leise. Sie wirkt zart. Warum sie sich nicht gewehrt habe? "Ich war geschockt, wie erstarrt."

"Frau W. ist nicht so sanft, wie sie sich hier gibt", bekräftigte Heinz N. Seine Wangen glühten. Und so hörte der Richter die Geschichte noch einmal - in einer völlig anderen Version. Ja, die beiden Hunde seien aufeinander losgegangen, doch anschließend habe nicht er sie geschlagen. "Wenn du nicht gleich verschwindest, kratze ich dir deine hässliche Fresse kaputt", habe Ines W. geschrien, auf ihn eingeschlagen und ihn gekratzt.

Seit Jahren schwele ein Streit zwischen Heinz N., der Familie W. und ihren Nachbarn. "Herr N. geht immer ganz nah an unseren Grundstücken vorbei und provoziert mit seinem Schäferhund unsere Hunde", so Ines W. "Er geht extra immer auf und ab, alle Nachbarn ärgern sich darüber." Doch der Streit gehe auf ein noch früheres Ereignis zurück: Sein früherer Hund habe ihren Hovawart einmal gebissen, da sei er noch ein Welpe gewesen. "Jeder Kampf macht den Hund härter - habe er immer gesagt." Da konnte Heinz N. nur den Kopf schütteln: "Ich habe meinen Hund so erzogen, dass er andere kläffenden Hunde nicht beachtet."

Welche Version der Wahrheit entspricht, konnte nicht geklärt werden. Das Urteil: Freispruch für Heinz N.