25 Sterbebegleiter machen den Wunsch vieler möglich: In den eigenen vier Wänden aus dem Leben gehen.

Buchholz. Sterbende begleiten, mit dem Tod auf der Bettkante sitzen - das klingt erst mal furchtbar deprimierend. Doch es gibt Menschen, die behaupten das Gegenteil. Sie empfinden sogar Dankbarkeit, wenn sie den letzen Weg eines Menschen mitgehen dürfen. Der Hospizgedanke sei ein Gewinn für das eigene Leben. Ein erfüllendes Engagement.

Was ein wenig nach technokratischer Finanzkalkulation klingt, ist emotional gemeint. Es geht um menschlichen Gewinn. Es geht um Sterbegeleitung und Trauerarbeit - um den Hospizgedanken, der auf den ersten Blick nicht nach beidseitiger Befruchtung aussieht. Aber es ist so, versichern langjährige Sterbebegleiterinnen. Während ihrer Arbeit erhalten sie Wärme, Dankbarkeit und die nicht unwichtige Erkenntnis, dass das Leben einmalig ist. Sterbende erfahren im Gegenzug Hilfe, Zuspruch und Trost. Alle gewinnen. Obwohl es zwangsläufig um die existenzielle Frage kreist: "Wie werde ich sterben?"

Die federführenden Sterbebegleiter in Buchholz sprechen von persönlichem Gewinn. So sagt Monika Bolte: "Durch meinen Glauben bin ich stark geworden. Meine Tätigkeit im Hospizdienst bedeutet eine große Bereicherung für mich." Ihr Mann Wilfried Bolte meint: "Ich habe bei meiner Frau erlebt, wie viel sie durch ihre Arbeit zurückbekommen hat. Das wollte ich auch. Und man sagt ja nicht ohne Grund: Wenn man etwas verschenkt, bekommt man auch etwas zurück." Für Gründungsmitglied Renate Krüger waren es ursprünglich "egoistische Motive", in die Sterbebegleitung einzusteigen. "Ich fand es faszinierend - und es hat mich nicht mehr losgelassen."

Dabei müssen die 25 ausgebildeten Sterbebegleiter (133 Mitglieder hat der ökumenische Hospizdienst Buchholz) loslassen, sich selbst zurücknehmen und schenken können. Denn in erster Linie verschenken sie Zeit. Ihre Zeit. Sie sind für Sterbende und Angehörige da. Halten aus. gehen mit. Ertragen das Leid, ohne es zu schultern. Und sie gewinnen: Erkenntnis. Menschliche Wärme. Demut vor dem Leben.

Am kommenden Wochenende feiert der Buchholzer Verein 15-jähriges Bestehen. Was mit 16 Mitstreitern begann, ist mittlerweile eine Institution, "eine großartige Sache", wie Monika Bolte ihre Arbeit nennt. Die Sterbebegleiterinnen erleichtern Menschen die letzten Wochen, Tage und Stunden. Sie sind Stütze für Angehörige. Und zwar nicht nur im stationären Hospiz, sondern ambulant, also größtenteils Zuhause.

Denn das ist immer noch der Wunsch von vielen: Zuhause sterben. "Das gelingt aber nur in den wenigsten Fällen. Etwa 80 Prozent der Menschen wollen in den eigenen vier Wänden sterben. Weniger als 25 Prozent können das auch", sagt Wilfried Bolte. Das Problem: Viele Angehörige würden den geistigen und körperlichen Verfall nicht aushalten, früher oder später versprächen nur noch das Krankenhaus oder ein Heim Abhilfe. Ängste, Unsicherheit und Trauer würden diesen Schritt begünstigen. Doch es gibt noch einen anderen Weg - und den möchte der Hopsizdienst aufzeigen: "Hospiz ist mehr eine Haltung als ein Gedanke", sagt die Vereinsvorsitzende Sieglinde Winterstein. Den Tod annehmen, ihn nicht tabuisieren und als Teil des Lebens begreifen - das sei das Ziel. Denn noch immer werde das Thema verdrängt.

Der Verein hat es sich zur Aufgabe gemacht, diesen Geist nach außen zu tragen. Vor allem könne die Struktur der Sterbebegleitung verbessert werden. Denn würdevolles Sterben sei ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren.

"Eigentlich müsste es Teams geben", sagt die Vereinsvorsitzende. "Beim Umgang mit Sterbenden sollte Hand in Hand gearbeitet werden. Leider fehlt es - wie so oft - an Geld, um entsprechende Teams zu bilden." Es gebe zwar ein gut funktionierendes Netzwerk im Kreis, aber es ließe sich optimieren, wenn gesetzliche Vorgaben, die sogenannte "Spezielle ambulante Palliativ-Versorgung" (SAPV), auch umgesetzt werden würden. In der Theorie sehe das so aus, dass Leistungen von "Palliative Care Teams" erbracht werden, die mit den Krankenkassen entsprechende Verträge geschlossen haben. Doch eine Struktur dafür gebe es bislang nicht.

Dennoch können die Vereinsmitglieder auf eine fruchtbare Arbeit zurückblicken. Mittlerweile gibt es mit Mareike Fuchs eine hauptamtliche Koordinatorin. Der Stamm der 25 Sterbebegleiter ist so groß, dass sie in Vorgesprächen herausfinden kann, wer am besten zum Notleidenden passt - wer mit dem Sterbenden schweigen, lachen oder auch weinen kann.

Insgesamt sei das Bewusstsein für das Sterben im Landkreis durch die Arbeit der ambulanten Hospizdienste und des stationären Hospizes gesellschaftlich gestiegen. Und auch im Verein verbinde die "essenzielle Tiefe der Themen", wie Renate Krüger sagt, die Mitglieder.

Und es könnten noch mehr werden, denn "was für eine Nähe entsteht", welche "Wahrheit" im Sterben liegt, das sei ein "Gewinn" für jeden, der es erlebt, sagt Monika Bolte. So freuen sich die Vereinsvertreter über neue Mitstreiter oder unterstützende Mitglieder.

Am 7. Februar wird von 10 Uhr an das 15-jährige Bestehen mit einem Ökumenischen Festgottesdienst in der Buchholzer St.-Paulus-Kirche gefeiert.