Stillstand. Nichts geht mehr. Nur der Scheibenwischer bewegt sich, hält die Sicht frei auf die Vorderleute, die schon seit einer Stunde keinen Zentimeter mehr vorwärts gefahren sind.

Waltershof. Und ich mittendrin im Stau, auf der Dradenaustraße, einer Straße im Hamburger Hafen, aus der es bei Stau kein Entrinnen gibt. Die Dradenaustraße ist zwar mehrere Kilometer lang, zeigt sich als Sackgasse aber nur an einer Stelle mit der weiten Welt verbunden, an der Kreuzung Finkenwerder Straße. Kurz vor der Kreuzung steckt der Pfropf. Zehn Lkw-Fahrer mühen sich hinter ihren Lenkrädern ab, schaffen die leichte Steigung nicht. Die Antriebsräder drehen auf dem vereisten Schneematsch durch. Autofahrer mit Winterreifen fassen Mut, wagen sich auf die Gegenfahrspur und fahren vorsichtig an den Liegenbleibern vorbei. Auf diese Weise erreiche auch ich den Anschluss an die weite Welt. Doch meine Erleichterung ist nur von kurzer Dauer. Die weite Welt scheint ein Einreiseverbot verhängt zu haben. Die Straßen Vollhöfner Weiden, Waltershofer Straße, die Bundesstraße 73 und nicht zuletzt die Straßen der Harburger Innenstadt sind vom Winterdienst der Stadtreinigung nicht geräumt. Überall hängen Lastwagen und auch Busse fest. Der vereiste Schneematsch auf der Fahrbahn ist tückisch. Autofahrer können kaum die Spur halten, rutschen seitwärts weg. Da nützen auch die kleinen elektronischen Helfer an Bord wie ABS und ESP wenig. Die kontrollieren die Räder nur bei Geradeausfahrt. Auch ein Polizist auf der Fahrspur neben mir hat große Schwierigkeiten seinen Einsatzwagen, einen Mercedes Sprinter, auf Kurs zu halten. Warum ist hier nicht gestreut? Nach zwei Stunden habe ich mein Ziel in Harburg erreicht. Unter normalen Verhältnissen 20 Minuten. Mein Trost: Ich habe den Verkehrsinfarkt überlebt. (gip)