Ein Paar das sich küsst, Zwei Frauen, die sich vor Wiedersehensfreude umarmen, ein Junge, der mit hängenden Schultern vor Karstadt steht. Aber warum bewegen sie sich nicht?

Harburg. Sie stehen wie versteinert auf dem Herbert-Wehner-Platz. Passanten stutzen, ein Karstadt-Angestellter haut die Kante seiner Schneeschaufel immer wieder auf den vereisten Boden. "Willst du mich verarschen?", fragt er den Jungen mit den herunterhängenden Schultern, der mit ausdruckslosem Gesicht vor ihm steht. Der reagiert nicht. Dann plötzlich ein schriller Pfiff und von einer Sekunde auf die andere ist der Spuk vorbei. Alle, die eben noch stocksteif standen, gehen gelassen weiter.

"Flashmobs" werden diese kurzen, scheinbar spontanen Menschenaufläufe auf öffentlichen Plätzen genannt, bei denen sich die Teilnehmer nicht kennen und ungewöhnliche Dinge tun. Am Sonnabend hat in Harburg ein solcher Flashmob stattgefunden. www.flashmob-hh.de heißt die Internetseite, auf der sich Hamburger zu solchen Aktionen verabreden. Christian Thielke (19) hat die Gemeinschaft Anfang 2009 ins Leben gerufen. "Wir sind unpolitisch und wollen im Rahmen des Gesetzes bleiben, alle unsere Aktionen sind angemeldet", so Christian Thielke. Dabei kann jeder aus der Gemeinschaft eine Aktion planen. "Zu dem Treffen in Harburg habe ich aufgerufen", sagt Nadine Garchow (24). Es geht allein um den Spaß. "In der Hamburger Innenstadt kennen uns schon zu viele, jetzt wollten wir es mal in Harburg ausprobieren." Etwa 50 waren gekommen.

Eine Viertelstunde später bot sich in den Harburg Arcaden das gleiche Bild. Menschen blieben stehen oder gingen verwirrt an den wie zu Wachsfiguren erstarrten Flashmobbern vorbei. "So etwas habe ich ja noch nie gesehen", sagt Simone Schwerdtner (48) aus Harburg. "Erst habe ich gedacht, die drehen hier einen Film. Toll!" Auch Michael Schmidt (44) und Sönke Peters (42) aus Harburg waren begeistert. Sie verfolgten das Spektakel Minuten später auf der Lüneburger Straße. "Es hat etwas Surreales, ganz interessant", so Michael Schmidt. Insgesamt durchlief die Aktion in der Innenstadt fünf Stationen, immer nach dem gleichen Schema: Es ertönte ein schriller Pfiff, die Akteure erstarrten in ihren Bewegungen, die nach drei bis vier Minuten von einem wiederholten Pfiff aufgelöst wurden. Die Gruppe hinterließ staunende Gesichter.