Auf der Veddel drohte einer Computerwerkstatt das Aus. Jetzt haben die Arbeitslosen eine Genossenschaft gegründet.

Veddel. 15 Computer stapeln sich an der Wand eines Verkaufsraumes an der Veddeler Brückenstraße 128. Sie stammen aus dem Ende der 1990er-Jahre, lagen lange ungenutzt in einem Keller und bringen dem Kommunikationselektroniker Bernhard Carrie (35) und dem Netzwerkadministratoren Marco Spieckermann (34) jetzt in Lohn und Arbeit: "Die Hälfte der Computer ist funktionsfähig, die werden wir verkaufen", sagt Bernhard Carrie. "Die andere Hälfte werden wir ausschlachten und daraus neue Rechner bauen."

Bernhard Carrie und Marko Spieckermann sind Experten in Sachen Computer. Sie machen alte Computer wieder fit für den Alltag und verkaufen sie zu günstigen Preisen. Das ist eine große Chance für die jungen Männer, denn sie waren viele Jahre lang arbeitslos. Dann fanden sie einen Ein-Euro-Job im Projekt "Bike & Byte" der Arbeitsloseninitiative Wilhelmsburg auf der Veddel. Später bekamen sie eine feste Stelle, und mit ihnen arbeiteten bis zu zwölf Ein-Euro-Jobber.

Die Hamburger Behörde für Wirtschaft und Arbeit will dieses Beschäftigungsprojekt ab diesem Jahr nicht mehr fördern - die Computerwerkstatt auf der Veddel stand vor dem aus, und Bernhard Carrie und Marko Spieckermann hätten fast wieder vor dem Nichts gestanden.

Da hatte der Pastor im Ruhestand Hildebrand Henatsch (74), Vorsitzender der Arbeitsloseninitiative Wilhelmsburg, eine Idee: "Wir gründen eine Genossenschaft!". So kamen im Dezember 2009 fünf Menschen zusammen und gründeten die Hamburger Arbeitsgenossenschaft Wilhelmsburg (HAGW). Die HAGW hat mittlerweile 20 Mitglieder, die bislang für 3000 Euro Anteile gezeichnet haben. Die neue Genossenschaft hat die Computerwerkstatt auf der Veddel übernommen und auch noch einen Fahrrad-Service in Hausbruch.

Nun bekommt der Neuenfelder Bernhard Carrie seinen Lohn von der HAGW, der Alsterdorfer Marco Spieckermann bekommt noch ein Jahr Arbeitslosengeld und verdient sich im neuen "Computerraum" 165 Euro im Monat dazu. Danach soll auch er fest in der Genossenschaft beschäftigt werden - wenn die Geschäfte gut laufen.

"Früher war es ja so: Je mehr Ein-Euro-Jobber bei uns gearbeitet haben, desto mehr Geld haben wir von der Behörde bekommen", sagt Pastor Henatsch. "Heute müssen wir wie jedes andere Geschäft Erträge erwirtschaften, um Löhne, Miete und Strom zu bezahlen."

Auch Bernhard Carrie und Marco Spieckermann sind Genossen geworden: Ersterer hat zehn Anteile à 50 Euro gezeichnet, letzter zwei. "Die beiden sind jetzt eine Wir-e.G.", sagt Pastor Henatsch. "Sie haften mit ihren Genossenschaftsanteilen. Damit ist das Risiko geringer als bei einer Ich-AG, wo man mit dem Privatvermögen haftet."

"Wir müssen jetzt geschäftlich denken und auch neue Kunden werben", sagt Bernhard Carrie. Jetzt soll erst einmal eine Caféecke in den "Computerraum" kommen. Und die beiden Genossen wollen auch Kunden in Rothenburgsort gewinnen, Computer in Internetauktionshäusern verkaufen und Neuware mit in ihr Angebot nehmen.

Bernhard Carrie übernimmt die Buchhaltung für den "Computerraum" und den Hausbrucher Fahrrad-Service; er wird dabei unterstützt vom Veddeler Wirtschaftsberater und Bezirksabgeordneten Klaus Lübke (47, SPD), selbst auch Gründungsgenosse.

Marco Spieckermann hat derweil noch ein neues Geschäftsfeld im Visier: "Ich werde im Außendienst Internetzugang und WLAN einrichten und auch bei Notfällen ausrücken."

Computerraum, Veddeler Brückenstraße 128, montags bis freitags von 10 bis 18 Uhr, Telefon: 040/67 38 92 54 und -55.