Wenn die Hafenbecken zufrieren, muss die Besatzung der “Johannes Dalmann“ ran. Starke 1160 PS knacken die kalte Decke.

Harburg. Eisschollen treiben langsam am Überseebrücken-Anleger vorbei, auf einigen stehen Möwen, lassen sich langsam auf der Elbe in Richtung Köhlbrandbrücke treiben. "So lange das Eis in Bewegung ist, ist alles gut", sagt Fred Hillmer (52), Kapitän auf dem Eisbrecher "Johannes Dalmann", einem Schiff der Hamburg Port Authority (HPA). Sammelt sich das Eis jedoch in den Hafenbecken und setzt sich fest, "dann müssen wir raus, Eisschollen jagen. Denn das Fahrwasser muss für die Schifffahrt passierbar bleiben", so Hillmer.

Seit Anfang der Woche ist er mit seinem Maschinisten Drees Meyer (28) auf der Süderelbe unterwegs. Dort hat der kalte Nordostwind Treibeis in die Hafenbecken gedrückt. Auch seine Kollegen auf den HPA-Eisbrechern "Heinrich Hübbe" und "Hugo Lentz" haben die Leinen los gemacht. Bis auf weiteres werden sie 24 Stunden am Tag im Einsatz sein, um Hafen und Elbe vor dem Zufrieren zu bewahren und im Notfall auch festsitzende Schiffe zu befreien. Von 7 Uhr an bis 19 Uhr dauert eine Schicht, im Anschluss haben die HPA-Mitarbeiter 24 Stunden frei. Danach geht es wieder ins Eis.

"Nicht nur der Hafen- und Fährverkehr muss laufen, wir sorgen auch dafür, dass das Eis nicht auf die Deiche drückt. Auch für den Hochwasserschutz ist es wichtig, dass sich das Eis nicht zusammenschiebt und die Strömung blockiert. Das Wasser sucht sich sonst einen anderen Weg", sagt Hillmer, als die "Johannes Dalmann" gerade am Altenwerder Fährterminal vorbeifährt. Hier war die Crew bereits am Wochenende im Einsatz, als der Nordostwind dafür sorgte, dass sich das Eis festsetzte. Doch nun haben die dicken Pötte, die dort derzeit gelöscht werden, wieder freie Fahrt.

"Das kann morgen wieder anders aussehen. Das Wetter ist tückisch", so Hillmer, der mit seinem Fernglas immer mal wieder den Eisgang beobachtet.

Während der zwölf Knoten schnellen Fahrt zermalt das Schiff große Treibeisbrocken. Mit Schwung werden einige bis ans Ufer geschleudert - für Hillmer, der seit 24 Jahren bei der HPA beschäftigt ist und zuvor "für Hapag-Lloyd" zur See gefahren ist, immer wieder ein tolles Erlebnis. "Das macht einfach Spaß, alle freuen sich, wenn der Eisbrecher kommt und das Wasser freimacht."

Und außerdem muss sich Hillmer auch nicht so streng an die auf dem Fluss vorgeschriebenen Verkehrsregeln halten. "Es gilt das Rechtsfahrgebot. Nicht jedoch für die Eisbrecher. Wir müssen ja überall durch."

1949 wurde die "Dalmann" gebaut. Sie ist 28 Meter lang und etwa acht Meter breit, hat dicke Eisenwände "und eine starke Antriebsmaschine mit 1160 PS. Deshalb kommt sie gut durchs Eis", sagt Maschinist Drees Meyer. Auch Hillmer schätzt "das alte, solide Schiff. Wenn ich zu viel Elektronik an Bord habe, gibt es mehr Probleme. Für den Eisdienst ist die 'Dalmann' ideal."

Während das Eis auf der Elbe bei der Köhlbrandbrücke relativ glatt und beweglich ist, hat es das Hafenbecken vom Hansaport fest im Griff. Dort hat es sich festgesetzt. Es knirscht laut als die "Dalmann" die gefrorenen Kanten aufbricht und große Brocken gegen die Kaimauer geschleudert werden. Innerhalb weniger Minuten ist das Becken fast eisfrei - ein kurzfristiger Erfolg. In ein paar Stunden könnte es hier wieder so aussehen wie vor unserem Einsatz. "Die Flut und der Wind drücken das Eis wieder rein", so Hillmer.

Im vergangenen Jahr mussten er und seine Kollegen Binnenschiffern helfen, die an ihren Liegeplätzen rund um den Harburger Binnenhafen eingeschlossen worden waren. "Eigentlich hätten die auch Schlepper anfordern können. Doch das kostet Geld. Wenn die uns rufen, müssen die für den Einsatz nichts bezahlen." Doch Hillmer hilft den Schiffern gern, und bislang ist die "Dalmann" noch überall durchgekommen. Dieses Jahr allerdings gibt es Probleme. "Wenn sich der Schnee auf die Eisschollen setzt, wirkt das wie Zement, und das Treibeis wird zur dicken Suppe. Da müssen wir kräftiger gegenhalten."

Der Motor dröhnt. Die "Dalmann" strengt sich an. Schmutzig-braunes Wasser, durchsetzt mit Eisstücken, umspült den Bug.

Noch ein kleiner Ruck und der Eisbrecher gleitet wieder leichter durchs Wasser. Bei den Türmen der Shell-Raffinerie dreht die "Dalmann" bei. Denn das Schiff hat sein Ziel erreicht: Das Eis in der Süderelbe ist gebrochen.