In dieser Jahreszeit neigen die Menschen zu Superlativen. Es ist halt Weihnachtszeit und alle wollen besonders nett zueinander sein, schließlich wird das allenthalben eingefordert: In sanften Liedern, in Gedichten, wunderschönen Harmonie predigenden Reden.

Das ist auch gut und richtig so, denn Weihnachten ist doch pure Gefühlszeit, auch Nichtchristen sind da manchmal sehr gut zu "infizieren".

Spätestens nach dem vierten Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt und der frischen Apfel- oder Kirschtasche - noch ganz warm über den Tresen gereicht - ist es da: dieses heimelige Gefühl von Gefühl. Sie wissen, was ich meine. Plötzlich sagt der Mensch Dinge, die er sonst nie gesagt hätte. Er nimmt die Kollegin in den Arm, die er sonst nie in den Arm genommen hätte.

Er macht Komplimente, die er sonst nie gemacht hätte. Er verspricht und schwört sich Dinge, die er sich sonst nie geschworen und versprochen hätte. Er riskiert schon mal eine Umarmung, die er sonst nie riskiert hätte. Ja, das ist der Weihnachtsgeist!

In dieser Vorweihnachtszeit hörte ich einen Mann zu seiner Freundin sagen: "Ich mag dich 147prozentig!" Dabei lächelte er. Sie fragte natürlich zurück, und er antwortete prompt und ohne Zögern genauso lächelnd: "Das sind 100 Prozent plus Märchensteuer plus Enthusiasmuszuschlag!"

Wenn dieser Mann ein Steuerberater gewesen sein sollte, dann bestimmt ein sehr guter! Von ihm möchte ich dann auch einmal beraten werden. Ich will das auch unbedingt haben, die Märchensteuer und den Enthusiasmuszuschlag! Schließlich ist Weihnachten, und alle sollen glücklich sein und kreativ beschenkt werden - nicht nur diese eine Frau auf diesem einen Weihnachtsmarkt.