Memet Aydemir war 2007 in der chinesischen Provinz, in er es in diesem Jahr große Unruhen gab. Er hat ein Buch über seine Erlebnisse geschrieben.

Winsen/Ürümqi. Der Winsener Memet Aydemir (43) dürfte einer der ganz wenigen Menschen aus der südlichen Metropolregion Hamburg sein, die schon einmal die chinesische Uigurische Autonome Republik Xinjiang besucht haben - wenn nicht gar der einzige. Der Mann mit dem türkischen Pass reiste von Mai bis Juli 2007 nach Uiguristan. Seine Bilanz: "Die Uiguren sind sehr arm. Sie sind sehr zurückhaltend, verängstigt und gegenüber Fremden sehr vorsichtig."

Memet Aydemir, der die Hamburger Fotoschule und die Foto-Fachschule Kiel besuchte, spricht fließend Türkisch und Deutsch. "Uigurisch ist ein türkischer Dialekt", erklärt der Winsener. "Wenn du Türkisch kannst, verstehst du die Uiguren sofort und kannst dich nach zwei Wochen problemlos mit ihnen unterhalten."

Der Winsener ist aus Kirgisistan mit dem Bus nach Uiguristan eingereist. An der Grenze musste er 200 Euro für einen "Einladungsschein" bezahlen, den ein Fahrer aus der nächsten uigurischen Stadt brachte.

In der Uigurischen Autonomen Republik Xinjiang lebt das Turkvolk der Uiguren - etwa zehn Millionen Menschen. Mittlerweile sind die Uiguren in ihrer Republik in der Minderheit: Es leben rund 16 Millionen Han-Chinesen und Mandschuren in Uiguristan.

In der Weltöffentlichkeit bekannt wurde Uiguristan, auch Ostturkestan genannt, im Juli dieses Jahres.

Damals kam es zu schweren Unruhen in der Hauptstadt Ürümqi. Chinesische Fernsehbilder zeigten blutüberströmte Menschen, brennende Fahrzeuge und Geschäfte. Nach Angaben der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua wurden mindestens 197 Menschen getötet und mehr als tausend Menschen verletzt. 1434 Personen sollen verhaftet worden sein. Laut chinesischen Medien sollen 200 Personen - sowohl Uiguren als auch Han-Chinesen - vor Gericht gestellt werden.

"Ich wollte sehen, wie die Uiguren wirklich leben und bin mehr als zwei Monate 3000 Kilometer mit dem Bus durch das Land gereist", sagt Memet Aydemir. "Übernachtet habe ich in Hotels, man hat meist zehn Euro pro Nacht von mir verlangt. Mal habe ich mich als Tourist, mal als Händler oder als ausgewanderter Uigure ausgegeben."

"Die Uiguren", sagt Memet Aydemir, "leben seit 1949 unter chinesisch-kommunistischer Unterdrückung. Die meisten Uiguren sind im Übrigen Analphabeten und leben auf dem Land. Schüler, Beamte und alle unter 18-Jährigen dürfen keine Moschee besuchen" - die Mehrheit der Uiguren gehört dem sunnitischen Islam hanafitischer Rechtsschule an.

In Turfan traf der Winsener eine Frau, 26 Jahre alt. Chinesen hatten ihren Bruder zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt, außerhalb Uiguristans. Die Frau hatte ihren Bruder seit einem Jahr nicht gesehen und "weinte, was ihr Bruder im Land der Ungläubigen macht". Sein Vergehen: Er hatte angeblich Steuern nicht bezahlt.

Einmal wollte Memet Aydemir, der in Ostanatolien geboren wurde, in einem Geschäft in der Provinzhauptstadt Ürümqi (zwei Millionen Einwohner) einen Seidenschal kaufen. Die uigurische Verkäuferin nahm ihm etwas zu viel Geld ab, seine chinesische Reiseführerin an diesem Tag monierte dies. Darauf schrie die Uigurin die Chinesin an: "Du Ungläubige!"

Memet Aydemirs Fazit nach drei Monaten in Uiguristan: "Es herrscht ein großer Hass zwischen den Uiguren und den Chinesen."

Jetzt hat der Winsener seine Reiseerfahrungen in einem 93 Seiten starken Buch veröffentlicht; es lag auf der Frankfurter Buchmesse aus, die in diesem Jahr den Schwerpunkt "China" hatte. Das Buch hat den Titel "Eine Reise zu den Uiguren." Es kostet 9,95 Euro, hat die ISBN-Nummer 9783833477393 und ist als "Book on Demand" im Internet-Buchhandel oder in jeder Buchhandlung bestellbar.