So schlimm sah es noch nie aus: Sparmaßnahmen auf der einen und Steuererhöhungen auf der anderen Seite stehen jetzt zur Debatte.

Seevetal. So schlimm sah es noch nie aus. Seevetal, mit 42 000 Einwohnern größte Gemeinde im Landkreis Harburg, wird nach dem ersten Entwurf ihren Haushalt in den nächsten drei Jahren nicht ausgleichen können. Bürgermeister Günter Schwarz (SPD) befürchtet sogar, dass der Gemeinderat zum ersten Mal in der Geschichte der Gemeinde vor dem Problem stehen könnte, am Ende seiner Haushaltsberatungen einen defizitären Haushalt verabschieden zu müssen. Kämmerer Klaus Kuttrus hat den ersten Haushaltsentwurf an die einzelnen Fachabteilungen im Hittfelder Rathaus weiter gegeben. Dort werden nun bis Montag alle Ausgabe- und Einnahmeposten auf den Prüfstand gestellt. Es werden Vorschläge von der Verwaltung gesammelt, wie das Defizit von 4,5 Millionen Euro minimiert werden kann. "Tabus", so der Kämmerer, "darf es jetzt nicht geben".

Die Gemeinde wird die Ausgaben weiter zurückfahren müssen. Dazu würden unter anderem Einsparungen im Personalbereich gehören. Zum anderen kann Seevetal sehen, dass mehr Geld in die Kassen kommt. Im Bereich des Möglichen liegen höhere Benutzungsgebühren etwa für den Eintritt in die Schwimmbäder. Erhöhen könnte die Gemeinde auch die Anteile der Anwohner beim Ausbau von Straßen oder die Gebühren für das Ausstellen von Pässen. Aber auch Erhöhungen der Gemeindesteuern sind, angesichts des defizitären Haushaltes, nicht mehr ausgeschlossen.

Der Landkreis Harburg könnte angesichts der Finanzlage von der Gemeinde Seevetal verlangen, ihre Hebesätze für Grundsteuern anzuheben. Der Hebesatz in Seevetal für die Grundsteuer B, also für mit Häusern bebaute Grundstücke, liegt derzeit bei 300 Prozent. Der Landesdurchschnitt liegt bei 347 Prozent. Ein Beispiel: Zahlt eine Familie jetzt für ihr Einfamilienhaus mit einem 500 Quadratmeter großen Grundstück in der Gemeinde Seevetal im Jahr 1500 Euro, wären mit einem Hebesatz von 347 Prozent jährlich 1735 Euro Grundsteuer fällig.

Die Lage in Seevetal ist ernst. Kuttrus: "Einen derart unausgeglichenen Haushalt hatte die Gemeinde meines Wissens noch nie. Würden wir den Haushalt so dem Landkreis Harburg vorlegen müssen, wie er jetzt aussieht, würde ihn der Kreis nicht genehmigen können. Wir müssten in einem Haushaltskonsolidierungskonzept dem Kreis darlegen, wie wir den Haushalt wieder ins Plus kriegen wollen."

Kuttrus nennt die Gründe, warum der Haushalt der größten Gemeinde Deutschlands, sein Volumen beträgt insgesamt 50,5 Millionen Euro, derart defizitär ist: "Am schlimmsten schlagen die Ausfälle im Bereich der Einkommensteuer zu Buche. Wir erwarten in den Jahren 2009 und 2010 jeweils Mindereinnahmen von rund 1,5 Millionen Euro. Der zweite Punkt ist die Umstellung der Haushaltsführung von der Kameralistik auf die Doppik. Nach der Doppik müssen wir getätigte Investitionen nun abschreiben. Dazu gehören beispielsweise auch Zuschüsse an Vereine, die wir ausgeben. Das ergibt eine jährliche Mehrbelastung von zwei bis drei Millionen Euro, die unseren Haushalt treffen."

Von den einbrechenden Gewerbesteuereinnahmen, so Klaus Kuttrus, sei Seevetal nicht so sehr betroffen. "Wir haben in unserer Gemeinde einen ganz gesunden Mix an Betrieben unterschiedlichster Größen. Andere Gemeinden haben oft das Problem, dass sie ihre Steuereinnahmen von einigen wenigen großen Betrieben bekommen. Bricht dort eine Einnahmequelle weg, schlägt das natürlich viel mehr zu Buche."

Am Montag nächster Woche werden die Abteilungen der Seevetaler Verwaltung dem Kämmerer ihre Einsparvorschläge vorlegen. Kuttrus wird die Vorschläge in den Haushaltsentwurf einarbeiten. Dann beraten die Ratsmitglieder in den Fachausschüssen, bevor schließlich der Gemeinderat seinen Haushalt verabschieden wird.

Die Politiker werden dann auch entscheiden müssen, wann und in welcher Reihenfolge dann noch die ehrgeizigen Neubauvorhaben der Gemeinde, wie beispielsweise die Anbauten an die Feuerwehrgerätehäuser in Maschen und Over, die Hittfelder Sporthalle oder der Neubau eines Sportzentrums in Fleestedt, realisierbar sind.