Ein wahrlich infernalisches, ja ein sprachgewaltiges Buch ist Rainald Goetz "Loslabern" geworden. Trunken vor Sprache legt man es bisweilen fort. Doch: Es ist auch ein Buch, das mit irre witzigen, geistreichen und präzisen Beobachtungen zur Gegenwart und Machtkulisse der Republik lockt. Entstanden ist es auf der Buchmesse 2008. Goetz verwöhnt mit seinen Wahnsinns-, ja nimmer enden wollenden Protokollsätzen und Beobachtungen über den Literaturbetrieb, über die Mächtigen, er protokolliert atemlos Gespräche mit Verlegern, verhassten Schriftstellerkollegen, beobachtet hysterische Journalistinnen bei der Buchmesse und die Hackordnung bei den einschlägigen Partys. Den geheimen Höhepunkt des kleinen Buches des Popliteraten, der hier irgendwie auch auf Sinn- und Wahrheitssuche ist, stellt der traditionelle Herbstempfang der "Faz" dar. Die Tafelrunde der Verleger, die sich um Kanzlerin Angela Merkel scharen und ihr devot an den Lippen hängen, schildert Rainald Goetz wie ein sakrales Abendmahl und unerschrocken im Stile einer Sozial- und Verhaltensstudie. Auch schön: Goetz im absurden Gespräch mit Herausgeber Frank Schirrmacher. Irre scharfzüngig und feingeistig, manchmal fragmentarisch und rätselhaft, immer jedoch ein empfindsames Seismogramm unserer Zeit, mit Leuten und vielen Namen, die man kennt.

Abgerundet wird das Ganze durch Eindrücke der heraufziehenden Finanzkrise. Ein Buch für Leute, die Freude an der Sprache und schlauen Beobachtungen über einflussreiche Zeitgenossen haben. Rainald Goetz: Loslabern, Suhrkamp 17,80 Euro.