Schon vor der Tür des Rail Info Center machten die versammelten Gestalten klar: Dies würde keine Preisverleihung für Spießer werden.

Hittfeld. Rock n Roll Spirit herrschte schon unter den Gästen, die gekommen waren, um den Winsener Maler Andreas Ole Ohlendorff (51) als Kulturpreisträger des Landkreises Harburg zu ehren: Rolling Stones-Buttons, beleuchtete Samthüte und Feststagsrockerkluft leuchteten da hervor. Auch der Preisträger, der es so meisterhaft versteht "Töne in Bilder" und ein "Musikzeitalter ins Bild" zu fassen - ein Stück "Erinnerungskultur von Winsen bis Woodstock" zu liefern, so Landrat Joachim Bordt, hatte sich gemäßigt fein gemacht und trug Krawatte und Sakko zur Jeans, um den Kulturpreis des Landkreises Harburg, den Blauen Löwen, entgegenzunehmen.

Ohlendorff, der freischaffende Maler mit der bewegten Vita, ist jemand, der sich einmischt, einer, der auch gerne einmal aufmischt. Das machte der vor Freude strahlende Künstler dann auch in seiner sehr persönlichen Preisrede klar: Seiner Geburts- und Heimatstadt Winsen gab er als freundlicher Stüber mit auf den Weg, dass er ihr gerade auch in der Kulturpolitik mehr Mut wünsche und mehr Dialog mit quer denkenden Künstlern. Und weiter: "Wer es in Winsen schafft, der schafft es überall, sorry New York!" Schallendes Gelächter unter den vielen Gästen aus Politik, Wirtschaft und Kultur im Saal. Dabei singt der Maler, der mit seiner Kollektion toter Musikerportraits, den "Dead Rock Heads" (inzwischen 85) seit 1996 die ideale Symbiose aus "künstlerischer Berufung" und seinem Lebensgefühl gefunden hat, stets ein stilles Loblied auf die Provinz: Sein Markenzeichen ist ein Stück Winsener Erde, das er in seine um die Welt reisenden Bilder einbaut.

Am 26. Februar 1958 wurde der Maler in Winsen/ Luhe geboren: am selben Tag wie Fats Domino, Johnny Cash und Victor Hugo: So breit aufgestellt, konnte eigentlich nichts mehr schief gehen. Der Lebensweg führte den Querdenker sechs Jahre als Polizist auf die Davidwache, dann tauschte er die Uniform gegen die Motorradkluft und schloss sich einer Motorrad Outlaw Gang an. Nach Stationen als Werftarbeiter, Kurierfahrer, Roadie, Koch und Weltenbummler arbeitet Andreas Ole Ohlendorff seit 1990 als freischaffender Maler: Leben als Achterbahn. Das erste Musikerportrait und der Grundstein für das Oeuvre des "Vollblut-Bohemiens" wurde John Lennon.

Die Laudatio für den Kulturpreisträger hielt Kuno Dreysse, Urgestein der Hamburger Musikszene - vom Bildschirm bekannt durch das Musikmagazin "Kunos". Dreysse hob Spontaneität und Freiheit des Malers hervor: Das ist einer, "der an den Grundfesten bürgerlicher Betulichkeit" rüttelt. Seinem Freund wünschte er weiter Inspiration für seine toten Rockergrößen: "Du musst immer dran denken, die Modelle deiner Werke schauen dir von oben zu." Ohlendorff selbst machte klar, dass es in seinen von der Symboltiefe des Surrealismus, der Pop Art und der Porträtmalerei beeinflussten Werken keineswegs um "die Anbetung der Asche gehe", sondern um das Leben, um "das Weiterreichen des Feuers". Insofern gefiel ihm auch die Begründung der Kulturpreis-Jury aus Kulturredeakteuren des Landkreises Harburg (unterstützt von Vertretern der Sparkasse Buxtehude, Kiekeberg-Chef Rolf Wiese, Karin Klesper und Ruth Zuther), die befand: So werde Rock n Roll gemalt. Dieses Jahr war der mit 2000 Euro Preisgeld dotierte und von der Sparkasse Harburg-Buxtehude gestiftete Preis für Malerei ausgeschrieben. In den Vorjahren hatte man die Schauspielerin Ursula Hinrichs und die Band "Truck Stop" geehrt. Ohlendorff, der Mitinitiator der Winsener Kulturtage ist, ließ den Festakt mit einem energetischen Beitrag seiner Musikfreunde "Hausgemacht" ausklingen.