Bestimmt ist Mikiko eine Spielerin. Eine, die Welten erschafft und kleine Figuren groß herausbringt. Vor uns auf dem Wohnzimmertisch in Altona stapeln sich die Mappen mit den Fotoarbeiten. Kreuz und quer liegen ihre Bilder.

Buchholz. Wir sprechen erst mal über die frühen Arbeiten. Irgendwann fing es an, dass Mikiko alte Elektrogeräte aufschraubte: Telefone, Kassetten und solches Zeugs. In das Gewirr von Kabellagen und Elektroschrott dekorierte die Künstlerin kleine Figuren. Mikiko zieht wie zum Beweis eine Holzschublade auf, in der die potenzielle Requisite lagert: bunte kleine Figuren aus dem Modelleisenbahnbedarf, Nippes vom Flohmarkt, Plastiktierchen, quietschgrüne Dekotannen und sogar Astronautenfigürchen stapeln sich. In der Serie von "Elektrofotografien", die die Künstlerin mit dem Makroobjektiv ihrer Canon verblüffend groß ablichtete, experimentierte die Fotografin auch mit Schärfe und Unschärfe: Eher beiläufig sollte der Beobachter denken: "Ach Mensch, da lebt ja jemand." Eine schöne Idee: Die alten Telefone und das "Männchen in der Leitung", das dort haust. Mikiko erinnert sich, dass sie sich als Kind irgendwann fragte, ob da mit der Stimme nicht auch ein Lebewesen durch die verhedderten Telefonkabel geistern müsste.

Betrachtet man die Bilder der Fotografin, die in Buchholz geboren wurde, Bühnenbild an der HfbK studierte und einen Aufbaustudiengang Fotografie absolvierte, nimmt einen die besondere Ästhetik gefangen, das geschickte Setzen von Licht und das Andeuten einer rätselhaften Geschichte: Was machen zum Beispiel die Astronauten mit einem Lasso am Boden eines Hallenschwimmbads? Folgt man der Künstlerin dann ein paar Schritte durch ihre kleine Wohnung in Altona ins Arbeitszimmer, ist man noch verblüffter. Jetzt werden hinter den Bildern die Größenverschiebungen und das Spiel mit den Perspektiven deutlich. Da sieht man zum Beispiel das Aquarium, das jetzt auf dem Schrank steht und mit dem Mikiko in ihren "Schwimmbadbildern" täuschend echt ein riesiges Hallenbad mit Kacheln und den typischen Streifen am Boden nachbildete. Das echte Modell ist aber nur ein normales kleines Aquarium aus dem Zoobedarf. Auf den Boden des mit Wasser gefüllten Aquariums, pardon des Hallenbades, arrangierte Mikiko die Astronauten mit Lasso. Die Figuren, die in dem Szenario täuschend echt aussehen, sind in echt winzig klein. Figürchen, die nur wenige Zentimeter groß sind - Plastikfiguren aus dem Spielwarenbedarf. Das macht richtig Freude, und ich kann gut nachvollziehen, mit welchem tüftlerischen Ehrgeiz das Aufbauen solcher trügerischen Foto-Sets verbunden ist, das Setzen des Lichts und das perfekte Heranzoomen an die Figuren.

Dem Professor an der HfbK war diese Herangehensweise jedoch manchmal schon zu verspielt, sagt Mikiko. Wir schauen uns im Netz ein paar Beispiele für die Gegenwartsfotografie und ihre reduzierte Ästhetik an. "Ich weiß genau, dass so was gerade in ist", grinst Mikiko. "Ich habe auch versucht, solch extrem minimalistische Bilder zu produzieren. Doch das bin irgendwie nicht ich." Stimmt. Und wahrscheinlich ist das auch gut so. Denn die Mikrokosmen, die Mikiko mit ihrer Linse entdeckt, heran zoomt und mit Makrofotografie als fantasievolle Welt verewigt, machen nicht nur der Künstlerin Spaß, sondern auch dem Betrachter beim Nachvollziehen und Entdecken.

Mikikos Liebe für den Mikrokosmos drückt sich jedoch noch anders aus: In der Serie "Fliegenfriedhof" verewigte Mikiko unendlich viele verendete Stubenfliegen: Sie fing kleinste Details wie zerquetschte Beinchen, schillernde Körper oder riesige Facettenaugen überlebensgroß ein, größer als es das menschliche Auge jemals sehen könnte. Damit hat auch ihre jüngste Arbeit, die es gerade in der Holmer Mühle zu bestaunen gab, zu tun: Eine überlebensgroße gestickte Stubenfliege hing dort, der Maßstab wurde streng mathematisch ausgerechnet. Mikiko, Jahrgang 1979 und aus Buchholz kommend, ist damit das jüngste ausstellende Mitglied der AG Bildende Kunst in Buchholz. Und obwohl Mikiko im Moment froh ist, dass sie gerade so schön urban in Altona wohnt, hat sie ihrer Heimatstadt doch schon eine fotografische Hommage geliefert: Mit einer Fotocollage erfasste sie den Ort in der Nordheide aus verschiedenen Blickwinkeln, um vielen Facetten gerecht zu werden. Das Gesamtbild ergibt sich dann aus zusammengesetzten Einzelbildern.