Gelassen betritt der Angeklagte Gerd Meyer (43) den Schwurgerichtssaal im Landgericht Stade, grinst seinen Verteidiger Dieter Priem an. Doch als Richter Behrend Appelkamp zur Urteilsverkündung ansetzt, vergeht dem Harmstorfer das Lachen.

Harmstorf/Stade. Neun Jahre und sechs Monate Gefängnis wegen Totschlags - so lautet der Richterspruch der Schwurgerichtskammer für Gerd Meyer (43), der wie berichtet, in den frühen Morgenstunden des Ostermontag in der Harmstorfer Wohnung seiner Ex-Frau Christine Meyer deren neuen Freund Christian Frey erschoss.

Die Kammer unter dem Vorsitz von Richter Behrend Appelkamp ging damit deutlich über die Forderung des Staatsanwaltes Mathias Graumann hinaus, der den Sportschützen Meyer lediglich für sechs Jahre hinter Gittern bringen wollte. Der Grund: Die kaltblütige Tatausführung. Denn Gerd Meyer, Schießwart im Schützenverein, schoss seinem Opfer aus nächster Nähe eine Kugel in den Kopf. Frey konnte sich nicht wehren, lag hilflos im Bett. "Er hat den Mann hingerichtet", sagte Nebenklagevertreter Hans-Axel Heuer dazu. Als die Polizei später die Tatwaffe überprüfte, klebte noch Blut am Lauf.

Und: Der 43-Jährige muss 3700 Euro an die 14 Jahre alte Tochter von Christian Frey und ihren fünf Jahre alten Bruder zahlen, muss künftig alle materiellen und immateriellen Schäden ersetzen, die den Sprösslingen aus der Tat entstanden sind. "Er hat den Kindern ihren Vater genommen, auch das muss hier berücksichtigt werden", so Appelkamp.

Denn Meyer, an allen Prozesstagen stets unterstützt von einer Gruppe seiner Freunde aus dem Schützenverein, die im Zuhörersaal saßen, hat nicht nur Frey Schlimmes angetan. "Die Tochter des Opfers ist seit der Tat sehr ruhig, in sich gekehrt, sehr traurig. Man weiß noch nicht, wie sie den Tod ihres Vaters verarbeiten wird ", sagt Rechtsanwalt Heuer. Da Frey nun keinen Unterhalt mehr zahlen kann, befindet sich die Familie außerdem in einer prekären Situation. "Meyer hat meine Mandanten ins Elend gestürzt." Vorerst kann der 43-Jährige auch nichts daran ändern, denn laut Heuer ist er verschuldet, kann noch nicht einmal die Kosten für die Beerdigung zahlen.

Und es gibt noch ein Opfer: Auch das Leben seiner Ex-Frau Christine hat Meyer zerstört. Immer wieder gab der 43-Jährige während seiner Aussagen im Prozess insgeheim ihr die Schuld für die Tat - unterstützt von seinen Schützenkameraden. "Das ist eine Schlampe", sagte einer der Männer abwertend in einer Verhandlungspause.

Christine Meyers Alltag in Harmstorf ist schwierig geworden, seit der Tat ist sie in psychologischer Behandlung. Die 41-Jährige kann die Minuten nicht vergessen, in denen ihr Geliebter Christian in ihren Armen starb. Doch sie will sich vom Klatsch und den bösen Blicken nicht unterkriegen lassen, lebt immer noch in der Wohnung, in der ihr Ex-Mann ihren Freund im Wasserbett erschoss, während sie im Nebenzimmer eine Zigarette rauchte.