Er war Expressionist, Dandy, großer Weltschmerzempfinder, sensibler Poet und besonders dem Rausch und den Drogen zugetan.

Die Rede ist von Georg Trakl, dem jung verstorbenen Boheme-Dichter, den der Autor Martin Beyer zum Protagonisten seiner Romanbiographie "Alle Wasser laufen ins Meer" gemacht hat. Im Zentrum des von Briefen und Originaldokumenten inspirierten Romans steht die inzestuös gefärbte Beziehung des Dichters zu seiner ebenfalls künstlerisch veranlagten Schwester Gretl. Zwei echte "Wurschtikusse", wie die eher rationalen bürgerlichen Eltern befinden. Martin Beyer erzählt das alles realistisch, ohne poetischen Sprachsog, wie man das angesichts des expressionistischen Poeten vermuten könnte. Distanziert lässt er die Existenz des Fin de Siècle-Poeten aufleben und verleiht der Boheme des 20. Jahrhunderts souverän Stimme. Dabei wurden vorliegende Dokumente von Beyer zurückhaltend dramatisch bearbeitet und Stimmungen aufgegriffen, die auch in den symbolgeladenen Gedichten Trakls zu finden sind. Eine unterhaltsame Romanbiographie, nach der man die dunkle Lyrik Trakls anders lesen wird. Martin Beyer: Alle Wasser laufen ins Meer, Klett Cotta, 18,90 Euro.