Heiß erwartet dieser mit 541 Seiten doch recht unhandliche “Jugendroman“, nachdem sein Vorgänger, Gerhard Henschels “Kindheitsroman“, Rezensenten zum Seufzen brachte: “...das möge jetzt endlos so weitergehen.“

Nun ist Martin Schlosser, der Held des "Kindheitsromans", am Rande der Pubertät angelangt. Folglich nennt sich Henschels Fortsetzungsroman, der uns in ein Kinderzimmer mit 70er Jahre Tapete und dem Wecker auf Punkt sieben für die Schule empfängt, "Jugendroman". Mit Kaba im Bauch wird "losgestratzt". Blamagen warten in "Erde" und "Franz", wo man einen Markteinkauf auf Französisch simulieren muss. Vieles, was der Autor "historisch" recherchiert hat, lässt in Erinnerung schmunzeln und die BRD 1975 mitsamt Liebesnöten und Sorgen des Helden um seine Profi-Fußballerkarriere aufleben. Komische Matheformeln, Fahrradpannen, öde Sonntage, doofe Mädels, erstes Verliebtsein und beste Freunde, die zu weit weg wohnen. Henschels Roman überzeugt mit starken Momenten an der Schwelle von Kindheit und Pubertät und schreiend komischer Präzision bis in die Wortwahl: als man noch Dinge "verbummelte", Sachen "ausbaldowerte", einfach mal "losdüste" oder es noch Sendeschluss im TV gab und Autos ohne Klimaanlage brüllend heiß waren! Bisweilen etwas langatmig - insgesamt ein schönes Buch für lange Winterabende. Henschel: Jugendroman, Hoffmann und Campe, 23 Euro.