Beim Thema Spielhalle im Kabenhof eskalierte die Situation. SPD, Grüne und Linke verließen die Sitzung vorzeitig.

Buchholz. Es war Dienstag, 20.35 Uhr, als die Stadtratssitzung in Buchholz eine denkwürdige Wendung nahm. Elf Ratsmitglieder verließen unter Protest den Saal. "So etwas habe ich noch nicht erlebt", schimpfte SPD-Fraktionschef Wolfgang Niesler. "Deshalb werden meine Fraktion und ich den Rat verlassen." Die Grünen-Fraktion folgte und auch Udo Antons (Die Linke) kapitulierte: "Das ist ein trauriges Kapitel in der Geschichte des Buchholzer Rates. Herr Bürgermeister, das ist ihr moralisches Waterloo."

Was brachte die Stimmung zum Kochen? Es war ein Antrag der CDU, vorgebracht von Fraktionsvize Jan Stöver. Demnach solle sich der Rat nicht mit dem Thema "Spielhalle im Kabenhof" befassen. Ein Affront für die Antragsteller der SPD. Die CDU-Forderung "schreie" nach einer Replik, so SPD-Fraktionschef Niesler: "Das ist hochgradig undemokratisch!" Als der Antrag der CDU mehrheitlich beschlossen, das SPD-Thema also gar nicht erst im Plenum diskutiert wurde, eskalierte die Situation. SPD, Grüne und Linke verließen den Saal. Unter Protest.

Inhaltlich ging es um die Fragen: Hat Bürgermeister Wilfried Geiger (parteilos) seine Kompetenz überschritten, indem er eine Spielhalle in das neue Geschäfts- und Parkhaus Kabenhof einziehen lässt? Ließ er den Spielhallenbetreiber von den Auflagen des Bebauungsplanes befreien? Kurz: Hat er versäumt, den Rat zu informieren und eigenmächtig entschieden?

Zum Hintergrund: Der Buchholzer Rat hatte beschlossen, keine weiteren Spielgeschäfte in neuen Innenstadtgebäuden zu dulden. Auch im Kabenhof sei laut Bebauungsplan kein derartiges Gewerbe vorgesehen gewesen. Nun zieht doch eine Spielhalle in den neu errichteten Bau. Wie kann das sein? Der Rat, allen voran die SPD, sah sich getäuscht und übergangen. Die Genossen beantragten, "die durch den Bürgermeister widerrechtlich erteilte Genehmigung durch den Rat der Stadt Buchholz zu widerrufen". Doch, und das war Ausgangspunkt des Protests, der Antrag wurde nicht behandelt.

Zum Streitpunkt gibt es zwei Rechtsauffassungen. Bürgermeister Geiger sieht es nach niedersächsischer Gemeindeordnung als Verwaltungshoheit an, Festsetzungen eines Bebauungsplanes zu ändern. Dazu habe der Bürgermeister das Recht. Die Ratsopposition ist der Meinung, dass die Politik in Änderungen oder Ergänzungen eines Bebauungsplanes einbezogen werden muss - der Rat also die Entscheidungsinstanz ist. Alles andere, so Wolfgang Niesler, "greift in die Rechte des Rates ein. Sie werden massiv beschnitten!"

Bürgermeister Wilfried Geiger meint: "Wir haben die Rechtslage gründlich geprüft, bevor wir eine Befreiung ausgesprochen haben." Danach sehe das Baurecht dieses Instrument explizit dafür vor, flexibel auf Bebauungspläne zu reagieren. Befreiungen von B-Plänen zu erteilen sei deshalb nicht allein in Buchholz gängige Praxis. Von widerrechtlichem Verhalten könne keine Rede sein.

Zudem, so Geiger, sei das Automatencasino nur unter Auflagen genehmigt worden. "Wir haben den Betrieb nur unter der Bedingung zugelassen, dass an anderer Stelle in der Innenstadt eine Spielstätte geschlossen wird." Und: "Ohne diese Ausnahmegenehmigung wären nicht alle für den Bau notwendigen Grundstücke verfügbar gewesen."

Gleichwohl bedauere Geiger, wie das Thema in der Ratssitzung behandelt wurde. Er hätte sich gewünscht, dass die Gründe des CDU-Antrags ausführlich vorgetragen werden - nicht nur mit zwei dürren Sätzen. "Undemokratisches Verhalten" lasse er sich dennoch nicht vorwerfen.