Ab dem 11. Oktober werden Künstler ihre Erfahrungen mit dem Stadtteil darstellen. Schauplatz ist unter anderem das Rathaus.

Harburg. Harburg wird für drei Wochen zur Kunstbühne. Erster Vorgeschmack war die kleine Schafherde aus Glüsingen, die plötzlich in der Seevepassage in Harburgs Innenstadt blökte. Die Schafe dienten als Statisten für die italienische Künstlergruppe ZimmerFrei, die dort einen 360-Grad-Panorama-Film über Harburg drehte.

Die Italiener drehten für das Projekt "Harburger Berge", das der Kunstverein Harburger Bahnhof vom 11. Oktober bis 1. November in der Harburger Innenstadt gestaltet. Die "Harburger Berge" wollen Harburg künstlerisch durchleuchten. Dafür verlässt der Kunstverein seine angestammten Räume und geht auf die Straße, um Harburg "als Grande Dame mit Geschichte und berechtigtem Stolz zu hofieren." Sechs zum Teil internationale Künstler wurden eingeladen, sich ein Bild von den Gegebenheiten vor Ort zu machen und so etwas wie eine vorläufige Bestandsaufnahme zu liefern. Außer in der Seevepassage suchte zum Beispiel das italienische Filmteam in Maschen und im Harburger Binnenhafen nach Bildern. Verbindendes Element aller Drehs: die Schafe, die sonst den Deich pflegen und in allen Filmsequenzen als "Störer" auftauchen - sie sollen auf ein Moment alten, ländlichen Harburgs hinweisen. Das Resultat wird zur Vernissage des Projekts am 10. Oktober im Harburger Rathaus um 17 Uhr vom Kunstverein präsentiert.

"Harburger Berge": Das bedeutet: Zu Harburg gibt es viele Befindlichkeiten und Sichtweisen. Ist Harburg ein suburbaner Appendix zu Hamburg? Ein benachteiligter Standort? Oder fühlt man sich eher als eigenständige Kreisstadt? Der Kunstverein schaut bewusst aus verschiedenen Blickwinkeln, von innen und außen auf Harburg. Die Kuratoren des Projekts, Britta Peters und Tim Voss, sagen über die "Harburger Berge", die im Rahmen der Reihe 10° Kunst starten: "Es geht nicht darum, distanziert einen Finger in die architektonischen und sozialen Wunden des Viertels zu legen. Vielmehr geht es uns darum, ihre Herkunft historisch erklärbar und das heutige Harburg erfahrbar zu machen." Kunst soll in den Stadtteil getragen werden, um darüber zu reden.

Am 27. September läutet die Zeremonie des Künstlers Matthias Einhoff (15 Uhr) auf dem Wochenmarkt in Harburg das Projekt ein. Einhoff hat zehn Harburger Vereine gebeten, sich in Szene zu setzen und wird das als mediales Großereignis filmen. Die Kölner Künstlerin Julia Bünnagel wird eine Installation für den größten Zivilschutzraum Hamburgs im S-Bahnhof Harburg entwickeln. Die Japanerin Tatzu Nishi wiederum wird Eingriffe an der Fassade des Harburger Rathauses vornehmen. Jeden Sonntag in der Projektzeit wird es Führungen und Stadtspaziergänge sowie ein Infocafé geben.

Die Kuratoren haben den "Sprung über die Elbe" wörtlich genommen: Nicht nur in die IBA und igs verwöhnten Gebiete soll gesprungen werden, sondern buchstäblich bis nach Harburg. Denn der "Sprung über die Elbe" mit seinen vielen kulturellen Aktivitäten umfasst nicht nur die Elbinseln, sondern sollte auch beim eher ruhigen Leben in Harburg ankommen, ist ihre Meinung.