“Grenzgang“ - was für ein fantastischer Name für einen Roman.

Und in die Grenzen, das heißt in die Randzonen unserer Existenz tastet sich der 1972 geborene Autor Stephan Thome mit seinem gefeierten und für den Buchpreis 2009 nominierten Debüt-Roman wahrlich vor. Alle sieben Jahre ist in dem fiktiven hessischen Ort Bergenstadt "Grenzgang" - ein hemmungsloses Volksfest, bei dem die Bürger die Grenzen der Gemeinde abwandern, ansonsten aber gerne alle Grenzen überschreiten: Ein richtiger Katalysator für Ekstasen in der sonst spießigen und handlungsarmen Kleinstadt. In 7-Jahres-Grenzgangsstiefeln durchschreitet Thome das erzählerische Terrain. Erzählt von Kerstin Werner, die ihren Ehemann einst beim Grenzgang traf, mittlerweile geschieden ist und ihre demenzkranke Mutter pflegt. Und von Thomas Weidmann, dem Gymnasiallehrer mit gescheiterter Hochschulkarriere, der ihren pubertierenden Sohn unterrichtet. Beide werden beim Grenzgang irgendwie zueinander gespült, finden beieinander Trost. In einem rasanten zeitlichen Ritt umspannt Thomes Roman vier Grenzgänge und springt ohne Chronologie atemlos zwischen den Zeiten hin und her. Fazit: Lakonische Alltagsprosa mit einem genauen Blick für das Scheitern von Lebensentwürfen, das eine erdrutschartige Dramatik entwickeln kann. Stephan Thome: Grenzgang, Suhrkamp 2009, 22,80 Euro.