Neorealismus mit melodramatischen Zügen: das ist Vittorio de Sicas “Fahrraddiebe“.

Nach langer Arbeitslosigkeit wird Antonio Ricci sein Fahrrad an seinem ersten Arbeitstag geklaut, ohne das er mit seinem neuen Job als Plakatkleber kein Geld verdienen kann. Zusammen mit seinem kleinen Sohn macht Antonio sich auf die Suche nach dem Fahrrad. Die Suche führt ihn durch ein Rom, das großen Reichtum aufzuweisen hat, durch das sorglose Touristen schlendern, in dem Antonio andererseits aber auch auf viele mittellose und arme Menschen trifft. De Sica lässt seinen Protagonisten auf eine teilnahmslose, von seinem Schicksal weitgehend unberührte Umwelt treffen, was manchmal fast absurde Züge annimmt. Ein eskapistischer Versuch, die Sorgen bei einem Restaurantbesuch zu vergessen, scheitert schließlich jäh beim Blick auf den Reichtum einer römischen Familie am Nebentisch. Die verzweifelte, ja fast apokalyptische Suche nach seinem gestohlenen Fahrrad erscheint wie eine Parabel auf das, was einem fehlt, um endlich dabei zu sein. Heute wäre das vielleicht ein fehlender Skill im Lebenslauf. Antonio muss draußen bleiben und entschließt sich zu einer dramatischen Aktion, die zeigt, dass jeder zum Fahrraddieb werden kann. Rührend und melodramatisch: Kein Fahrrad, keine Arbeit. Für den Hang zur Rührseligkeit mit Close-ups auf das traurige Kindergesicht und dramatische Musikuntermalung wurde der Regisseur allerdings auch von seinen Kollegen gerügt, die befanden: Verrat am Realismus. Ein Klassiker auf DVD bei Pierrot le Fou.