Der Supermarktchef Mustafa Muh ist Muslim. Die Lebensmittel in seinem Laden lassen ihn jetzt im Ramadan kalt - auch wenn es schwer fällt.

Wilhelmsburg. Regen ist gut. Wind auch. Sonne ist schlecht, manchmal jedenfalls, wenn sie zu heiß vom Himmel scheint. Dann bekommt der Wilhelmsburger Mustafa Muh (51) manchmal Durst, aber den Durst löscht er nicht in diesen Tagen, denn er fastet im muslimischen Fastenmonat Ramadan.

Herr Muh ist Geschäftsführer des gut sortierten türkischen Supermarktes "Ada" an der Georg-Wilhelm-Straße 104 in Wilhelmsburg. Um 2.30 Uhr ist Mustafa Muh an diesem Tag aufgestanden, er hat sich frisch gemacht und kurz gebetet, Richtung Mekka, und ist um 3 Uhr von zu Hause los gefahren. Dann hat er auf dem Hamburger Großmarkt seine Geschäfte erledigt und gegen 4 Uhr eine Linsensuppe gegessen, ein Stück Brot gab es dazu, und Herr Muh hat einen Liter Wasser getrunken. "Das muss reichen bis zum Fastenbrechen gegen 20 Uhr", sagt Herr Muh.

Fällt das nicht schwer, den ganzen Tag nichts zu essen und nichts zu trinken?, frage ich Herrn Muh in seinem Wilhelmsburger Supermarkt, in dem es angenehm nach Gemüse und süßen Baklava riecht. Ist es nicht hart, bei diesen Essengerüchen, zwischen diesen ganzen leckeren Sachen und den Getränken so lange am Tag zu fasten?

"Ein bisschen fällt das schwer", sagt Herr Muh, "ich arbeite ja nicht nur mit dem Kopf, sondern auch körperlich und räume die Waren ein und aus. Ja, manchmal denke ich schon an ein schönes Essen, an Fleisch und Käse und ab und zu auch an Wasser. Heute aber nicht, weil es draußen recht angenehm kühl ist", sagt der Lebensmittelhändler und lächelt.

Warum fasten er? "Es ist mein Glauben, ich bin ein Muslim", sagt Herr Muh.

Der Ramadan, erklärt er, ist der neunte Monat im islamischen Mondkalender und wandert durchs Jahr, und Mustafa Muh lebt schon so lange in Hamburg, dass er den Ramadan schon in fast allen Monaten erlebt hat: Seit 30 Jahren ist Wilhelmsburg die erste Heimat des Türken - "ich bin ein Hamburger, ein Wilhelmsburger", sagt er und lächelt wieder.

"Im Juni, Juli und August ist es am schwersten zu fasten, weil es da auch in Hamburg oft heiß ist und weil die Tage am längsten sind. Aber in der Türkei, in meiner Heimatstadt Kocaeli, da ist es natürlich noch schwerer zu fasten, weil es dort noch heißer ist."

"Das Fasten", sagt sein Bekannter Serdar Bozkurt (52), der Vorsitzende des Türkischen Elternbundes Wilhelmsburg, "ist keine Diät, sondern ein Reinigungsprozess. Jeder Moslem fastet freiwillig - das Fasten ist eine der fünf Säulen des Islam."

Die anderen Säulen lauten: Der Moslem glaubt nur an einen Gott und seinen Propheten Mohammed. Er betet fünf Mal am Tag. Er pilgert, wenn er das Geld dafür hat, einmal im Leben nach Mekka. Und er gibt ein Vierzigstel seines Vermögens an Arme, wenn er genug Geld dafür hat.

Und so sieht der offizielle Ramadantag laut Ramadan-Kalender an diesem Tag für Hamburg aus: Ab 4.56 Uhr beginnt die "Zeit vor dem Sonnenaufgang", die Türken sagen "Imsak" dazu. Um 6.31 Uhr geht die Sonne auf ("Günes"). Zwischen Imsak und Günes erfolgt das Morgengebet. Gegessen wird spätestens bis Imsak. Der nächste Zeitpunkt im Kalender ist das Mittagsgebet ("Ögle"), es beginnt an diesem Tag ab 13.26 Uhr. Ab 17.02 Uhr beginnt das Nachmittagsgebet ("Ikindi").

Und ab 20.09 Uhr, endlich, ist dann "Aksam": die Zeit für das Abendgebet und das Essen und Trinken, das sogenannte Fastenbrechen. Und 21.29 Uhr macht der fromme Moslem an diesem Tag dann das Nachtgebet ("Yatsi"), das im Ramadan 30 bis 45 Minuten dauert - sonst, wie auch die anderen Gebete, fünf bis zehn Minuten. Fünfmal am Tag betet Mustafa Muh also, oft auf seinem kleinen Gebetsteppich in seinem kleinen Büro, von dem aus er den Supermarkt im Blick hat.

Zigaretten sind im Ramadan tabu, Alkohol und Drogen sind es für den frommen Moslem sowieso, und Sex ist im Fastenmonat nur zwischen Sonnenuntergang und der Morgendämmerung erlaubt. Am Sonnabend, 19. September, um 19.34 Uhr endet für die Moslems in Hamburg die Fastenzeit - bis dahin dürfen sie rund 15 Stunden am Tag nichts essen und nichts trinken.

"Etwas Gutes hat der Ramadan noch", sagt Herr Muh zum Abschied und lächelt wieder: "Die türkischen und arabischen Kunden kaufen mehr ein, weil sie zum Fastenbrechen oft viele Gäste zum Essen einladen."