Einwohner des Heideortes haben sich zusammengetan und Künstler engagiert.

Garlstorf. Fünf Personen schieben sich durch das renovierungsbedürftige Haus an der Winsener Landstraße, prüfen hier die Wände, nehmen da die Lichtverhältnisse unter die Lupe. "Kann man hier Nägel reinschlagen?", möchte eine Frau wissen. Ortstermin in Garlstorf am Walde. Sind das etwa alles Käufer? Nein, hier inspizieren Künstler potenzielle Ausstellungsflächen für das Kunstfest in Garlstorf. Jeder versucht für sich das Beste herauszuschlagen. Oliver von Below nimmt es gelassen. "Nein, der Meierhof ist schon vergeben, wir schauen gleich noch mal weiter." Zusammen mit der Pädagogin Marie-Luise Lübberstedt und dem Mediziner Pascal Zimmer kam von Below letzten Herbst die Idee: "Warum Garlstorf nicht ein Wochenende lang zum Kunstort werden lassen?" Offen für alle sollte das Kunstfestival sein, "denn Kunst lebt vom Dialog."

Am kommenden Wochenende wird sich Garlstorf in lauter Kunststationen verwandeln: Auf den Höfen, Scheunen und Gärten gibt es Exponate verschiedenster Kunst-Genres zu sehen: Von der Malerei über die Bildhauerei bis hin zu Performancekunst, Fotografie, zu Lesungen, Film- und Videoarbeiten sowie Konzerten.

Profitiert haben die drei Veranstalter von ihren Kontakten: von Below, der als freier Übersetzer arbeitet und im Nebenfach visuelle Kommunikation an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg studiert hat, verfügt immer noch über beste Kontakte zur jungen Hamburger Kunstszene. Vielleicht deutet das bereits ein wenig der Name des Festivals an: "Land in Sicht". Zwar ist man hier auf dem Lande, doch blitzt da schon etwas auf, Hamburg ist in Sicht, die Kultur nicht fern. "Wenn Sie bei uns an Salzteig oder so denken", nimmt Marie-Luise Lübberstedt dem Vorurteil gleich den Wind aus den Segeln, "sind Sie bei uns definitiv falsch."

Maria Luisa Witte ist eine der jungen Künstlerinnen, die den Zuschlag für das Haus an der Winsener Landstraße bekommen haben. Am Fachbereich Design studierte sie Illustration, ist vom Wilhelmsburger "Lädenleuchten" oder der Kunstaktion "Flusslicht" ein Begriff, andere haben ihre Illustrationen für die Literaturbeilage der Frankfurter Rundschau vielleicht schon einmal selbst in Händen gehalten. In Garlstorf hat sich die Künstlerin vorgenommen, gleich noch das Mobiliar des alten Hauses einzubeziehen, das an einigen Ecken und Enden mit einer 50er Jahre-Küche oder Retro-Hirschbildern ziemlich viel Kultpotenzial vorweisen kann.

Die guten Kontakte der Veranstalter spiegeln sich auch im Musikprogramm wieder. Auf der Bühne neben dem Forsthaus, das von Below seit wenigen Jahren mit seiner Familie bewohnt, werden Tomas Engel und Jürgen Ufer auftreten, zwei Musiker aus dem Umkreis der Hamburger Schule. Nach der Eröffnung am Freitagabend spielt hier auch der Bratschist Avri Levitan exklusiv - wieder ein Freund von Belows.

Als den Neu-Garlstorfer von Below neulich eine Tante aus Nordfriesland besuchte, kehrte man in der "Waldklause" ein, die von dem Künstler Günter Skrodzki mitgestaltet wurde. Dessen Atelier in Nordfriesland kannte wiederum die Tante. Beim Gegenbesuch fasste sich von Below ein Herz, besuchte den bekannten Künstler und erzählte ihm von dem Garlstorfer Kunstfest. Ob er mitmachen wolle? Skrodzki stieg ins Auto und sah sich Garlstorf an. Seine Zusage ist eine Ehre für das Kunst-Festival. Skrodzki wird in der Dorfhalle Bilder ausstellen sowie in der "Waldklause" eine Metallarbeit zeigen. Auch die Zusage des Bildhauers Hauke Jessen, der Holzarbeiten präsentiert und seine Arbeitsweise in der Mühle illustriert, ist ein Triumph für den kleinen Ort in der Nordheide mit seinen rund 1100 Einwohnern direkt an der A-7-Ausfahrt Garlstorf gelegen.

Fest steht, dass auf den Ort mit dem Kunstfest viele neue Erfahrungen zukommen werden: Vielleicht, wenn am Sonntag der wilde 30-Minüter von Peter Sempel gezeigt wird. Der für seine Musikfilme bekannte Undergroundfilmer hat den Kunststar Daniel Richter und den Kunstanarchisten Jonathan Meese in seinem Film "Die blaue Hand" bei der Arbeit abgelichtet.

Eröffnung des Kunstfestes "Landinsicht" am Freitag, 4. September um 19 Uhr, Konzert um 20.30 Uhr. Sonnabend, 5., und Sonntag, 6. September ab 10 Uhr in Garlstorf am Walde. Ponyreiten, Gartentrampoline und Aktionen für Kinder plus Kulinarisches. www.garlstorfer-kunstfest.de