Seit 45 Jahren unterwegs mit der Kamera: Hermann Isenberg präsentiert seine Porträts in der Winsener St. Marienkirche.

Winsen. Mit 18 hat sich Hermann Isenberg infiziert. Es geschah in Paris. Dort zeigte ihm ein damals 26 Jahre alter Bekannter, der zu diesem Zeitpunkt schon fast alle europäischen Hauptstädte bereist hatte, auf eindrucksvolle Weise die Stadt. Ein einschneidendes Erlebnis für den jungen Bauernsohn aus Bardowick. Von nun an war Hermann Isenberg infiziert - mit dem Reisefieber.

Heute ist Hermann Isenberg 63 Jahre alt, wohnt und arbeitet in Winsen. Er ist weit gereist. Auch in Länder, in die es deutsche Touristen eher selten zieht: Indonesien, Kambodscha, Laos, Indien, Pakistan - sogar in Myanmar und Bhutan ist der Globetrotter schon gewesen. Er hat zwar eine Vorliebe für Asien. Aber auch in Australien und Afrika war er schon unterwegs, so in Tansania, Namibia und Mali. Immer dabei: seine Frau und seine Kamera.

Denn auf seinen Reisen in ferne und oft sehr fremde Länder fotografiert Hermann Isenberg leidenschaftlich gern - am liebsten Menschen. "Mein Hobby lebt von persönlichen Begegnungen, die ich unterwegs mache. Jemand fällt mir auf, und dann habe ich das Bedürfnis, mit ihm oder ihr in Kontakt zu kommen und sie zu portraitieren."

Will er fremde Menschen fotografieren, bedient er sich manchmal eines Tricks: "Ich flirte erst mal mit dem Kind", sagt Isenberg. Dann fotografiert er es mit seiner Polaroid-Kamera und schenkt der Mutter das entwickelte Bild. "Auf diese Weise baue ich Vertrauen auf und dann darf ich meist auch die Mutter fotografieren."

Sprache ist dabei oft nebensächlich. "Meist klappt es mit Englisch", sagt Isenberg. "Aber schon durch Gestik und Lächeln kann man viel erreichen und jemandem begegnen." Das ist inzwischen zur Maxime seiner Reisen und seines Lebens geworden: "Wenn man in ein Gesicht hinein lächelt, dann ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass man ein Lächeln zurück bekommt", sagt Isenberg - und lächelt.

Eines seiner prägendsten Erlebnisse: Ein Mali, der nach einem dreimonatigen Aufenthalt in Paris von seiner Familie in Afrika begrüßt wurde. "Die dachten, er käme zurück mit den Koffern voller Geld", erinnert sich Isenberg. "In Afrika gelten Weiße als Millionäre." Daher mache er den Menschen auf seinen Reisen dort oft kleine Geschenke. "Das wird dort so erwartet." Und Isenberg gibt gern.

In dieser Woche sind einige seiner eindrucksvollsten Fotografien in der Winsener St. Marienkirche zu sehen. Gemeindemitglieder haben ihn dazu überredet. "Die haben meine Bilder gesehen und fanden sie wohl gut", berichtet Isenberg.

Die Ausstellung "Gesichter dieser Welt" ist noch bis zum 27. September zu sehen. Ingrid Sobottka-Wermke, die Superintendentin des Winsener Kirchenkreises, freut sich über die Bilder aus aller Welt in ihrer Kirche: "Hermann Isenberg schafft es, Menschlichkeit zu zeigen, den kostbaren Augenblick zu bewahren und ihn bis nach Winsen zu bringen."

Isenbergs jüngste Reise ging im April nach Vietnam. Und er plant schon die nächste: 2010 soll es nach Brasilien oder Kuba gehen. Viel Reisen kostet viel Geld, aber: "Dieses Hobby ist für mich der Lohn meiner Arbeit", sagt der Kaufmann für Hard- und Software. "Die Erinnerungen kann mir keiner mehr nehmen."

Am liebsten würde er noch die ganze Welt sehen. Es gebe 6,8 Milliarden Menschen mit 6,8 Milliarden individuellen Gesichtern. "Abgesehen von ein paar Zwillingen, aber so viele sind das ja auch nicht", lacht Isenberg. Und so wird der Winsener noch in viele fremde Länder reisen und viele Gesichter fotografieren. Auch wenn es dabei ein kleines Problem gibt: "Wenn ich alle Länder kennenlernen wollte müsste ich eigentlich 180 Jahre alt werden."