Es wird eng auf den Höfen deutscher Milchbauern. Die Vermögenssituation ist angespannt, groß die Resignation der Bauern, immer mehr ihrer Berufskollegen leben von der Substanz.

Winsen. Vor diesem Hintergrund lud der Bundesverband Deutscher Milchviehalter e.V. (BDM) EU- und Regionalpolitiker zur Podiumsdiskussion "Wie geht es weiter mit der Milchwirtschaft in Deutschland" in die Stadthalle Winsen ein.

Rund 250 Milchbauern und Landwirte aus den Landkreisen Harburg, Lüneburg und Uelzen waren gekommen, um sich ein Bild von den Politikern zu machen, die im September zur Wahl stehen. Es waren dann die Statements der Bundestagskandidaten von SPD, CDU, FDP und Die Linke (für den Wahlkreis Lüchow-Dannenberg/Lüneburg), die Unruhe im Saal erzeugten und die Besucher aus der Fassung brachten. Gelächter und Empörung, Ausrufe wie "Geh nach Hause" oder "Junge, du redest Blödsinn" hatte vor allem der Lüneburger CDU-Bundestagskandidat Eckhard Pols auszuhalten. Keinem der Politiker gelang es, Fuß zu fassen. Jürgen Meenken, Vorstandsvorsitzender des BMD, zog das Fazit: "Es wird Zeit, dass Politiker mit uns reden. Wir wollen kein Geld, sondern die Möglichkeit unsere Milchmengen einzugrenzen."

Zurzeit zahlen die Molkereien in den Landkreisen den Bauern nur 20 Cent pro Kilogramm Milch. Das ist die Hälfte von den 40 Cent, die die Landwirte im Vorjahr mit dem Milchboykott erreichen wollten. Alles dreht sich um die Quote und deren Flexibilisierung. Aus Sicht des BDM und der anwesenden Milchbauern müsse die Angebotsmenge dringend flexibel der Nachfrage angepasst werden, damit sich auf dem Markt ein kostendeckender Milchpreis für die Milcherzeuger bilden könne. Laut Bundeslandwirtschaftministerin Ilse Aigner (CDU) jedoch sei nicht das Überangebot an Milch Hauptursache für die niedrigen Milchpreise, sondern die Nachfrage sei zu gering.

Europapolitikerin Rebecca Harms (Grüne) versprach den Landwirten: "Wir werden uns weiter in Brüssel dafür einsetzen, dass die Milchquote nicht aufgehoben wird und deren im vergangenen Jahr beschlossene Erhöhung zurückgenommen wird." Sie ermunterte dazu, den Politikern weiterhin "auf den Pelz zu rücken", und nannte als Beispiel die 2000 Milchbäuerinnen des BDM und anderer Verbände, die im Mai vor das Bundeskanzleramt in Berlin gezogen waren.

Vor lähmender Resignation warnte Friedrich Graefe zu Baringdorf, Europapolitiker der Grünen und stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Landwirtschaft im EU-Parlament. Statt die Verantwortung an die Politik abzugeben, "müssen wir eine eigene Marktmacht bilden." Er erinnerte an die Streikdrohung im Jahr 2007. Sofort hätten damals die Lebensmittelketten reagiert und die Preise für Milchprodukte um 50 bis 80 Prozent angehoben.

Einer der Landwirte in der Stadthalle war Arthur Burmester aus Schmölau im Landkreis Uelzen. 40 Milchkühe stehen auf seinem Familienbetrieb. Mindestens 100 Euro setzt er täglich zu. "Mit 40 Cent pro Liter haben wir eine ordentlichen Stundenlohn." Dieser liege jetzt bei unter fünf Euro. Um über die Runden zu kommen, plündern die Burmesters ihre Ersparnisse und gönnen sich so gut wie nichts mehr. "Wenn ich könnte, würde ich die Milchmenge sofort begrenzen. Wer mehr erzeugt, müsste Strafe zahlen."

Hoffnungen setzt der Milchbauer auf die Franzosen. "Es wird erzählt, dass die Kollegen dort sauer sind. Wenn die demonstrieren, dann können wir nicht zuschauen. Entweder ziehen wir alle in Europa an einem Strang oder wir werden von der Politik gegeneinander ausgespielt."