Im Jahr 2020 wird es einer erheblichen Mangel an Hausärzten im Landkreis Harburg geben. So prognostiziert es die Kassenärztliche Vereinigung auf Basis der Werte des Jahres 2008.

Winsen. Bei einem Verhältnis von einem Hausarzt zu 1767 Einwohnern wäre eine 100-prozentige Versorgung gewährleistet. Somit müssten im gesamten Landkreis rund 138 Hausärzte zur Verfügung stehen, es sind aber derzeit nur 120. Das ergibt einen Versorgungsgrad von 86, 4 Prozent, ab 75 Prozent wird von einer Unterversorgung gesprochen.

"Das ganze klingt zunächst noch akzeptabel, denn die Situation ist im Moment noch nicht kritisch", sagt Reiner Kaminski, Bereichsleiter für Soziales im Landkreis Harburg. "Aber wenn man sich anguckt, dass die Gemeinden Hollenstedt, Seevetal und Neu Wulmstorf bereits jetzt knapp unter der 75 Prozent-Grenze liegen, dann sollte man sich Gedanken machen." Bei einem voraussichtlichen Einwohnerstand von 247 055 Bürgern im Jahr 2020 erwartet der Landkreis eine Unterversorgung von 55,3 Prozent, vorausgesetzt die Hausärzte gehen mit 68 Jahren in den Ruhestand. Geht man von einem Rentenalter von 60 Jahren aus, muss mit einem Versorgungsgrad von lediglich 29,5 Prozent gerechnet werden.

"Das große Problem bei uns ist, dass der Nachwuchs fehlt", sagt Mathias Köster, Hausarzt in Wulfsen. "Seit dem Jahr 2000 wurden beispielsweise in Winsen zehn Assistenzärzte in den Hausarztpraxen ausgebildet. Nur einer von ihnen hat sich als Kassenarzt in der Stadt niedergelassen", pflichtet Folker Grothusmann bei, "und das bin ich." Seine Kollegen entschieden sich für eine Anstellung im Krankenhaus, sie gingen ins Ausland oder in eine Privatpraxis. Als Gründe für das Nachwuchsproblem führen die Mediziner die schlechten Rahmenbedingungen an, unter denen die niedergelassenen Hausärzte zu leiden hätten. "Die Assistenzärzte sehen die immer stärker werdende Bürokratie in der Praxis, das Problem, nicht alle Patienten unterbringen zu können und den daraus resultierenden Frust bei der Arbeit", sagt Mathias Köster. "Und das ist nicht gerade förderlich für die Entscheidung, eine Praxis zu eröffnen." Die Problematik ist klar, die Zukunft ist ungewiss - davon sind die Hausärzte überzeugt. "Wir fordern nun, dass die Politik die Karten offen auf den Tisch legt", sagt Dr. Rainer Hennecke. "Die Politiker müssen endlich zugeben, dass da etwas ganz gewaltig schief läuft."