Die Schreber wollen ihre Parzellen nicht mehr hergeben. Die Organisation weist alle Vorwürfe zurück.

Wilhelmsburg. Werner Müller (70) pflanzt in seinem Kleingarten in Wilhelmsburg eine Reihe rot blühende Begonien an. Seit 42 Jahren ist er schon Mitglied des 1953 gegründeten Vereins "Im Bauernfelde" an der Straße Hauland, hat einen kleinen Teich auf seiner Parzelle angelegt, bunte Blumenrabatten und einen gepflegten Rasen. "Meine Kinder und Enkelkinder sind hier groß geworden. Ich bin jeden Tag in meinem kleinen Paradies", sagt er.

Daraus könnte er bald vertrieben werden. Denn er gehört zu den 60 Pächtern des Vereins, die ihren Vertrag kündigen sollen. Das verlangen die Verantwortlichen der Internationalen Gartenschau Hamburg (igs). Der Grund: Auf seinem Gelände und auf den Parzellen seiner Nachbarn soll künftig ein Wasserpark entstehen, ein Bestandteil der Gartenschauausstellung, die im April 2013 eröffnet wird. Viele Lauben sind deshalb schon verlassen. "Damit hat der Verein etwa ein Drittel seiner Mitglieder verloren", sagt Jürgen Hielscher (62), Vorsitzender des Vereins, aufgebracht. Er ist sauer auf die Gartenschau-Organisatoren. "Die haben unseren Leuten Entschädigungen zugesagt und auch den Vorschlag gemacht, dass Ersatzgärten zur Verfügung gestellt werden könnten. Nichts ist passiert."

Deshalb will Müller nicht weichen. "Dieser Garten wird nicht gekündigt, Finger weg", steht demonstrativ auf einem großen Plakat an seinem Schuppen. Einige seiner Nachbarn hatten nicht so viel Mut und haben ihre Laube aufgegeben. "Die igs hatte zugesagt, dass sie diese verlassenen Gärten pflegen wird", so Hielscher. Er zeigt vorwurfsvoll auf verfallene Lauben und verwilderte Grünflächen, auf denen sich Müll türmt. "So sieht die Pflege der Gartenbau-Experten aus. Hier passiert nichts." Und das gilt auch für eine weitere Absprache: "Die wollten sich um die Wege kümmern und neue Hecken pflanzen." Auch dies werde nicht gemacht. "Denen werden wohl die Mittel knapp", vermutet der Vereinsvorsitzende.

Auf einige Laubenbesitzer kommen weitere Ärgernisse zu, wenn die Ausstellung 2013 beginnt. "33 Parzellen liegen dann im Kleingartenpark und werden umzäunt. Da kommen wir dann nur mit Ausweis rein", sagt Hielscher. Verwandte und Freunde erhalten laut Hielscher jedoch keinen "Gartenschau-Pass" und müssten Eintritt zahlen. Außerdem gelte dann die Auflage, dass das Gelände, also auch der Kleingartenpark, nur bis 21 Uhr genutzt werden kann. "Dann ist erst mal Schluss mit lauschigen Sommerabenden auf der Veranda und langen Grillpartys."

Das sei besonders für die jungen Vereinsmitglieder mit Kindern hart, "die sich keinen Urlaub mehr leisten können und froh sind, wenn sie hier bei uns die Natur genießen können."

Wolfgang Denien, Chefplaner der Gartenschau, winkt ab. "Die Kleingärtner streuen gezielte Falschinformationen", sagt er auf Abendblatt-Nachfrage. Man habe den Pächtern sehr wohl Entschädigungen in Höhe von 2500 Euro pro aufgegebene Scholle angeboten und auch Ersatzgärten auf einem anderen Areal beschafft. Weiterhin könnten die verwahrlosten Gärten bislang nicht gepflegt werden, "weil die noch im Besitz der Finanzbehörde stehen. Die müssen erst freigegeben werden, bevor wir dort was tun können." Außerdem würden alle Kleingartenpächter, deren Bekannte und Verwandte sehr wohl Ausweise für den kostenfreien Zugang zum Gartenschau-Gelände erhalten, und eine Zugangsbeschränkung sei nie ausgesprochen worden. "Alles Quatsch." Denien kann sich die Kritik der aufgebrachten Hobbygärtner nur so erklären: "Das sind halt viele ältere Leute, die sind etwas unflexibel und wollen nicht einsehen, dass man etwas für die Allgemeinheit tun muss."

Kleingärtner Hielscher schüttelt traurig den Kopf. "Wir gehören doch auch zu Wilhelmsburg." Die Vereinsmitglieder haben jüngst beschlossen, sich nicht an der Ausstellung zu beteiligen, obwohl die igs kostenlose Pflanzen und Beratung zugesichert hatte. Hielscher: "Diese Sprüche kennen wir ja schon."