Der Gesetzentwurf in Niedersachsen ist nur bis 2010 ausgesetzt. Die Hundelobby Seevetal lehnt Leinenzwang und Wesenstest ab.

Ramelsloh. Unterstützung kommt von Tierärzten. 20 und 40 - keine Zahlenkombination macht Niedersachsens Hundehalter wütender als diese. Die Kurzformel steht für eine drohende Verschärfung des Hundegesetzes in dem Bundesland, das nicht wenige als die letzte freie Bastion für den ältesten Gefährten des Menschen in Deutschland sehen. Nüchterner betrachtet, bedeutet die Kurzformel den Plan des niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums, Maulkorb- und Leinenzwang sowie Wesenstests für Hunde einzuführen. Betroffen wären alle Hunde, ganz gleich welcher Rasse, ab einem Gewicht von 20 Kilogramm oder einer Schulterhöhe von 40 Zentimetern.

Inzwischen hat die CDU-Fraktion zwar zurückgerudert und das neue geplante Hundegesetz auf 2010 verschoben. Als der Koalitionspartner FDP, Hundeverbände und Tierärzte protestierten, hat CDU-Fraktionschef David McAlister wohl instinktiv gespürt: Mit einem Gesetz, das selbst Pinscher "knebelt", könnte die CDU in der Wählergunst von 40 auf 20 abstürzen.

Ein Moratorium als politischer Schachzug, um ein verschärftes Hundegesetz später durchzupeitschen? Marlis Grundt (62) aus Ohlendorf lässt sich davon nicht täuschen. Die Vorsitzende der Hundelobby Seevetal, ein Regionalteam der Hundelobby Hamburg, hat den Protest gegen das verschärfte Hundegesetz federführend organisiert. Mit 250 E-Mails an Hundeschulen, Tierheime und Hundevereine hat sie mit Hilfe des Internets eine Protestlawine mit Biss ausgelöst.

Marlis Grundt organisiert zurzeit eine Art "Hunde-Task-Force": eine Delegation verschiedener Hundeverbände und -schulen, die den zuständigen Fachausschuss im Niedersächsischen Landtag davon überzeugen soll, dass das neue Hundegesetz nicht artgerecht sei und auch nicht, wie behauptet, mehr Sicherheit bringe.

Tierärzte unterstützen die Hundelobby. Zum Beispiel Stefan Augsburg (47) mit Praxis in Meckelfeld. "Ein Hund", warnt der Fachmann, "der wegen des Leinen- und Maulkorbzwangs nicht mehr über Körperkontakt, Mimik und Gestik mit seinen Artgenossen kommunizieren kann, verkümmert."

Anlass für den offenbar heiß gestrickten neuen Hundegesetzentwurf war im Mai die Beißattacke eines Rottweilers in Hildesheim. "Wenn die Behörden früher eingeschritten wären", sagt Marlis Grundt, "wäre nichts passiert." Das jetzt geltende Hundegesetz reiche völlig aus, einem Halter gefährliche Hunde zu entziehen. Die Hundelobby-Vorsitzende hat einen anderen Vorschlag für mehr Sicherheit: Prävention. Die Hundevereine sollen in die Schulen. "Wenn Kinder spielerisch lernen, wie sie sich einem fremden Tier nähern, dann haben wir in der nächsten Generation keine Probleme mehr."

Hunde sind ein Wirtschaftsfaktor: Fünf Milliarden Euro im Jahr erwirtschaftet laut einer Studie der Universität Göttingen die Hundehaltung in Deutschland.