Wenn viele Treckergespanne zugleich ankommen, gibt es Wartezeiten. Genug Zeit zum Klönen und Klagen.

Drögennindorf / Winsen. Sie stehen in der prallen Sommerhitze und warten. Mal sind es nur zehn Minuten, es können aber auch gut mal 20 oder 30 werden - obwohl die Anlage der Firma Rudolf Peters Landhandel an Standort in Drögennindorf auf dem neusten Stand ist. "Es gibt regelrechte Stoßzeiten, in denen die Bauern ihre Ernte abliefern", erklärt der Außendienstmitarbeiter Oliver Kruse. "Wenn die Landwirte am Vormittag geerntet haben, dann ist hier am frühen Nachmittag bei gutem Wetter oftmals die Hölle los." So auch an diesem Tag, denn 30 Grad im Schatten und strahlender Sonnenschein bedeutet Hochsaison für die Landwirte rund um Amelinghausen. Und für viele von ihnen führt der Weg direkt vom Feld zum Landhandel Peters, um dort das frisch gedroschene Korn abzuliefern, es zu lagern oder auch direkt zu verkaufen.

Auch die Agraringenieurin Anne Hartmann sitzt zufrieden auf einem der lauten Trecker, den sie in einer langen Warteschleife vor der großen Waage eingereiht hat. Die 24-Jährige hat sich extra ein paar Tage Urlaub genommen, um auf dem Hof ihres Verlobten in Diersbüttel bei der Ernte zu helfen. "Für mich ist es die wertvollste Aufgaben übers Feld zu fahren und das Korn einzuholen", sagt die junge Frau mit großer Euphorie. "Das ist meine größte Leidenschaft - und bringt wesentlich mehr Spaß als am Schreibtisch im Büro zu sitzen." Hier darf sie wieder einmal ihre dreckige Arbeitsjeans anziehen, muss sich nicht in die Konventionen des täglichen Bürojobs zwängen lassen.

Nach einigen Minuten Wartezeit darf sie vorrücken und den vollen Anhänger auf die große Waage stellen, die vor dem Verwaltungsgebäude in den Boden eingelassen ist. Mehrere Tonnen Weizen befinden sich in ihrem großen Anhänger, doch die Agraringenieurin weiß, dass an diesem Tag noch weitere dazu kommen werden. "Ich werde heute noch ein paar Mal hier herkommen müssen", so die junge Landwirtin. "Und wenn wir in diesem Tempo weitermachen, dann sind wir am Sonntag schon fertig mit unserer Arbeit." Anne Hartmann ist gut gelaunt an diesem Tag, obwohl die meisten ihrer Kollegen derzeit mit einem lachenden und einem weinenden Auge in ihren Treckern sitzen. "Die Ernte ist in dieser Saison wirklich gut", erklärt der Firmenangestellte Oliver Kruse. "Nur der Preis ist problematisch, denn der liegt rund 30 Prozent unter dem Niveau des letzten Jahres."

Auch der sonst durch und durch positiv eingestellte Landwirt Christian Putensen aus Oertzen ist mit dem gleichen Problem konfrontiert. "Selbst wenn die Erträge gut sind - solange die Kosten nicht deckend sind, haben wir ein Problem", erklärt der 34-Jährige. "Ich befürchte, bei vielen meiner Kollegen geht es jetzt langsam an die Substanz." Vor zwei Jahren hatte es ein außergewöhnlich gutes Jahr gegeben, so der promovierte Landwirt. "Jetzt können die Bauern ihre Finanzierungen nicht mehr bezahlen." Heute wird eine Tonne Korn für 75 bis 100 Euro gehandelt, vor zwei Jahren waren es bis zu 200 Euro. Putensen liefert an diesem Tag Saatweizen beim Landhandel Peters ab, gemeinsam mit seinem Hund Karlo, seinem ständiger Begleiter. "Wir haben heute Glück, denn es ging alles ganz schnell mit dem Abladen des Weizens", so der Oertzener. Bei einem reibungslosen Ablauf können auf der Anlage bis zu 300 Tonnen pro Stunde aufgenommen werden. An Spitzentagen gehen 60 bis 80 Lieferungen ein. Und auch an diesem Tag gibt es ordentlich Betrieb.

Lorenz Pralle ist am Nachmittag gemeinsam mit seinem Sohn Max und einem vollen Anhänger voll Weizen beim Landhandel Peters angelangt. "Ich werde meine Ernte direkt verkaufen und nicht nur einlagern lassen" erklärt der Landwirt aus Neuenkirchen. "Wahrscheinlich werde ich heute noch vier Mal hier sein - das wird ein anstrengender Tag." Sein 13 Jahre alter Sohn nickt zustimmend. Während der Ferien habe er seinem Vater tatkräftig unter die Arme gegriffen. "Das bringt viel mehr Spaß, als in der Schule zu sitzen", so Max. Und dann bekommt Lorenz Pralle ein Zeichen - ihm wird die Gosse zugeteilt, an der er seine Ladung abkippen darf, wie es im Fachjargon heißt. Eine Prozedur, die der langen Schlange zufolge noch das eine oder andere Mal an diesem Tag in Drögennindorf ablaufen wird. "Jetzt gibt es hier mächtig was zu tun, aber wenn das Wetter so bleibt, dann haben wir in den nächsten Tagen etwa 90 Prozent der Ernte geschafft", so Experte Kruse. "Und dann wird es auch bei uns auch wieder ruhiger."