Die Freizeitkapitäne wollen ihre Plätze im Naturschutzgebiet nicht gegen den Binnenhafen tauschen.

Harburg. Im Naturschutzparadies am Neuländer und Schweenssander Hauptdeich herrscht Aufregung. Nicht zum ersten Mal suchen das Bezirksamt Harburg, der Hamburger Sportbund und das Sportamt (Behörde für Kultur, Sport und Medien - BKSM) nach einer Lösung, die vier dort seit mehr als 30 Jahren ansässigen Motorbootvereine zu verlagern, um Auflagen des Naturschutzes zu erfüllen. Bereits seit 1993 hält das Bezirksamt nach adäquaten Ersatzplätzen Ausschau, hat inzwischen ungenutzte Flächen des Harburger Binnenhafens im Visier, und ist doch bislang dem Ziel der Verlagerung nicht wirklich näher gekommen.

Seit kurzem sind allerdings eine Million Euro im Spiel, die es bei früheren Aktivitäten in der Angelegenheit nicht gegeben hatte. Das wegen der Wirtschaftskrise vom Bund aufgelegte Konjunkturprogramm II hat dem Bezirksamt die eine Million Euro zum raschen Verbrauch (Ankurbeln der Wirtschaft) beschert.

Die etwa 110 aktiven Skipper der vier Motorbootvereine sehen wegen des Geldes und des damit verbundenen Handlungsbedarfs den nach der Sommerpause beginnenden Verhandlungen weniger gelassen entgegen, als es noch bei früheren Vorstößen des Bezirksamts der Fall war. "Wir sind ja nicht grundsätzlich gegen eine Verlagerung", sagt Thorsten Meins (44), zweiter Vorsitzender der seit 1967 am Schweenssander Hauptdeich ansässigen Hamburger Wassersportgemeinschaft (HWGS), "aber es gibt keine wirkliche Begründung dafür, warum wir hier weg sollen. Das Elbufer hier ist trotz unserer Anwesenheit Naturschutzgebiet. Wir leben hier mit der Natur und beachten sämtliche Auflagen."

Gleicher Ansicht ist Peter Strobel, Hafenmeister des Neuländer Yachtclubs am Neuländer Hauptdeich: "Wir sind nur sieben Monate im Jahr und zumeist auch nur an Wochenenden in unserem Hafen. Tiere fühlen sich nicht gestört. Im Gegenteil, der Eisvogel hat sich angesiedelt und es wurde dieses Jahr sogar erstmals ein Biber gesichtet. Zweimal wurde das Tier bereits gesehen. Das deutet nicht nur auf gute Wasserqualität hin, sondern auch auf ein ungestörtes Miteinander."

Für den Hafenmeister bleibt es auch ein Rätsel, wie das Bezirksamt 110 ausreichend dimensionierte Liegeplätze im Binnenhafen unterbringen will. Dieter Wippelmann, Vorsitzender des Hamburger Motorbootverbands, hatte bereits in einer früheren Stellungnahme darauf hingewiesen, dass die Hamburger Umweltbehörde den vier Motorbootvereinen Bestandsschutz zusicherte, als das Gebiet 1993 unter Naturschutz gestellt wurde. Ursprünglich sollte damals im Zuge des neuen, höheren Hochwasserschutzes und der geforderten ökologischen Ausgleichsflächen die gesamte Deichlinie zurückverlegt werden. Das hatten dann aber massive Proteste Neuländer Bürger verhindert. Dennoch war danach das Vordeichgelände unter Naturschutz gestellt worden.

Wegen der bereitstehenden Konjunkturfördermittel können Behörde und Bezirk nun eine "intensivere Planung" beginnen, erklärt Bezirksamtssprecherin Petra Schulz. Die voraussichtlich noch bis Jahresende für den Harburger Binnenhafen zuständige Hafenverwaltung Hamburg Port Authority (HPA) soll fachlich in der Angelegenheit tätig werden.

Zwei weitere Vorhaben, die bereits über das Hamburger Konjunkturprogramm im Binnenhafen angekurbelt sind - Neugestaltung des Kanalplatzes für 1,5 Millionen Euro sowie denkmalgerechte Sanierung des historisch wertvollen Lotsekai für drei Millionen Euro - passen zur Vision der Sportboothafen-Verlagerung. Im Bereich Überwinterungshafen/Dampfschiffsweg sollen nach Angaben von Petra Schulz die Kaimauer saniert werden und Liegeplätze entstehen.

Nach voraussichtlicher Entlassung des Binnenhafengebiets aus der Zuständigkeit von HPA Anfang kommenden Jahres könnte die planungsrechtlich bereits ausgewiesene Fläche dann in einem Bebauungsplan festgestellt werden. Die meisten Freizeitkapitäne der vier Motorbootvereine sehen im Harburger Binnenhafen keinen vergleichbaren Ersatz. "Hier schauen wir in die Natur, dort wären wir in einem umbauten Raum", sagt Thorsten Meins.