Sie machen Musik, erlernen Kunststücke, tanzen, malen oder machen im Hörspielstudio mit. Sonntag ist Anschlussfest.

Wilhelmsburg. Die Band Einstürzende Neubauten sorgte 1980 für Furore: Die Berliner schufen mit selbstgebauten Schlagzeugen und Vorschlaghammer eine völlig neue Geräuschmusik. Die Avantgarde-Band stieg zu Deutschlands wichtigsten Musikbotschaftern auf. Auf deren Spuren wandelt zurzeit in Wilhelmsburg die New Yorker Künstlergruppe Advances zusammen mit Kindern von der Elbinsel: Sie üben auf selbstgebauten Schlaginstrumenten eine Percussion-Performance ein. Das Konzept ist aber charmanter: Sie lassen nichts "einstürzen", sondern bauen ihre eigene Bühne auf - ein Amphitheater aus Holz in Form eines Waldhorns. Das bespielbare Horn auf dem Dockville-Festivalgelände ist eindeutig Hamburgs originellster Konzertsaal.

Das Schlagzeug ist aus einem Tablett, alten Fahrradteilen und Resten von Ikea-Regalen zusammengezimmert. Im Rhythmus von Queens "We will rock you" trommelt die neun Jahre alte Chantal darauf herum. Ibrahim (10) schwingt Keule, lernt das zirkusreife Jonglieren. Andere Kinder studieren mit einer Profitänzerin eine HipHop-Choreografie ein - die Industrie am Reiherstieg Hauptdeich bietet die richtige urbane Kulisse. Willkommen in "Lüttville" - kein Feriencamp in Deutschland rockt mehr. Die kostenlose Freizeitwoche des Musik- und Kunstfestivals Dockville in Wilhelmsburg für Kinder von sechs bis 14 Jahren läuft noch bis Sonntag.

"Lütte", so nennt man im Hamburger Jargon Kinder. So kommt das Feriencamp von Hamburgs größtem Open-Air-Festival zu seinem Namen. 115 Kinder aus Wilhelmsburg und Veddel sind in diesem Jahr dabei. Die Internationale Bauausstellung (IBA) Hamburg, die Bildungsoffensive Elbinsel und die Hamburgische Kulturstiftung fördern Lüttville. Chantal (9) darf jetzt schon mal exklusiv die Festivalpuppen der Hamburgerin Künstlerin Jul Gordon ausprobieren: Pistengänger werden die witzigen Stoffkatzen mit angenähter Trommel erst eine Woche später beim Dockville-Festival zu Gesicht bekommen.

Neuer Partner in Lüttville ist in diesem Jahr der Zirkus Willibald. Muala (6) lernt hier, womit er später garantiert auf dem Schulhof Eindruck schinden wird: Bälle jonglieren. "Der Workshop" wird mir fehlen", sagt der Junge, "aber ich werde nach unserem Auftritt am Sonntag zu Hause weiter üben."

Neu ist auch ein Medien-Workshop. Julia Viebranz (29), die in einem Hörspielstudio arbeitet, nimmt mit Kindern einen Kunst- und Lüttvilleführer im MP3-Format auf. Als Reporter ist Maurice (9) unterwegs. "Wir interviewen die Kinder", sagt der Junge, "wir fragen, was sie hier in Lüttville machen und lassen sie die Kunst erklären." Maurice lernt auch den Schnitt im Tonstudio. Den MP3-Audio-Guide gibt es kurz vor Festivalstart am 14. August als Download auf der Dockville-Homepage.

Finissage der Dockville-Ausstellung mit 20 Kunstwerken ist am Sonntag, 9. August, um 19 Uhr auf dem Festivalgelände am Reiherstieg Hauptdeich in Wilhelmsburg. Die Lüttville-Abschlussfest beginnt am Sonntag um 15 Uhr.

www.dockville.de