“Ein Brack - was ist denn das?“ Diese Frage bekommen Anwohner von Straßen mit Namen wie “Brackweg“, “Brackende“ oder “Am Großen Brack“ nicht selten zu hören.

Winsen. Es sind bei weitem nicht nur aus Süddeutschland Zugereiste, des Norddeutschen unkundige Neubürger, denen das Wort fremd ist. Auch viele Norddeutsche wissen nicht, dass es sich dabei um einen Teich oder kleinen See handelt, der infolge eines Deichbruchs entstanden ist.

Allein im Landkreis Harburg kann Rainer Böttcher, Leiter der Abteilung Naturschutz und Landschaftspflege in der Winsener Kreisverwaltung, rund 40 Bracks aufzählen. Die ältesten davon gehen historischen Aufzeichnungen zufolge bereits auf Sturmfluten im 15. Jahrhundert zurück. In einer Chronik von Stöckte, die der Volksschullehrer Wilhelm von Seebach 1954 erstellte, wird eindrücklich geschildert, dass die Deichbrüche für die Bevölkerung viel Unglück mit sich brachten. Der "Volksmund" sage, dass bei der Entstehung von "Eckhoffs Brack" im Jahr 1611 der Bauer Eckhoff "mit Pferd und Wagen aus der großen Tür von dem plötzlich einbrechenden Wasser weggerissen" worden sei und dass die Bildung des "Neuen Brack" im Jahr 1567 dazu geführt habe, dass "alles Winterkorn versoffen und die Äcker mit Sand betrieben" worden seien.

Wie der Stöckter Heimatforscher Peter Homann ausführt, mehrten sich die Deichbrüche an Luhe und Ilmenau nach der durch die Städte Hamburg und Lübeck im Jahr 1471 bei Altengamme vorgenommenen Abdämmung der Dove-Elbe - einem ehemals sehr wasserreichen Arm der Elbe. Laut der Seebachschen Chronik war der Grund für die Abdämmung, "dass Hamburg die Schiffe zur Vorbeifahrt an Zollenspieker zwingen wollte, wo sie Zoll bezahlen mussten". Der "verstärkte Stromlauf" des als "Lange Grove" bezeichneten Elbarms (sein Verlauf entspricht dem heutigen Elbverlauf) habe dem "Lüneburger Ufer mannigfachen Abbruch [getan] und den Anwohnern großen Schaden [verursacht]." Zwischen dem "Hamburger Ufer" und dem "Lüneburger Ufer" kam es wegen der Dove-Abdämmung zu einem mehr als hundert Jahre andauernden Streit, der erst 1620 mit einem mehrere hundert Tote fordernden Gefecht bei Zollenspieker und der Niederlage der "Lüneburger" ein Ende fand. Auf einer Landkarte von 1569 ist zu sehen, dass sich knapp hundert Jahre nach der Abdämmung der Dove-Elbe im "Newe Landt" wie auf einer Perlenschnur ein Brack ans andere reiht. Einige davon sind zugeschüttet oder verlandet, andere sind noch heute zu finden. Vielen Luhe-Deich-Spaziergängern ist beispielsweise das "Große Brack" in Stöckte bekannt. Bernhard Maack zufolge, der seit vielen Jahren am Brack wohnt, geht das "Große Brack" auf mindestens drei Deichbrüche zurück. Ursprünglich habe es eine Tiefe von 20 Metern besessen, heute sei es aufgrund des starken Pflanzenwachstums und der damit einhergehenden Verlandung nur noch vier bis fünf Meter tief.

Im Wasser und an den Ufern sind eine Vielzahl von Pflanzen- und Tierarten heimisch. Zwischen den Seerosen schwimmen Wasservögel, und in den tieferen Gefilden tummeln sich unter anderem Aale, Hechte und Rotaugen. Es ist ein idyllisches Bild Gleichzeitig geben die Bracks mit ihrer Entstehungsgeschichte jedoch auch Zeugnis über die Macht der Naturgewalten.