Das Hoffest, das wir vor einigen Tagen besuchten, bescherte uns eine beeindruckende Lektion in Sachen Kultur. Wir sahen einem Käser beim Käsemachen zu.

Im großen Kupferbottich erhitzte, rührte, schnitt und bearbeitete er die Milch, schöpfte Molke ab, holte Proben per Hand aus der 50 Grad warmen Käsevorstufe, ließ begutachten und probieren. Und er erzählte. Seine feinsinnigen Ausführungen waren mindestens so interessant wie das bedächtige Tun über dem großen Bottich. Poesie war sein Thema. Wie die Gedanken eines Schreibenden würden sich die fester werdenden Bestandteile der Milch nun verdichten. So solle man es sich vorstellen. Aus den Hunderten Milchlitern entfalteten sich - wie beim Poeten in seiner Lyrik - nach und nach die wichtigen Bestandteile, die uns Genießern von Käse und Lyrik herrliche kulturelle Erlebnisse bescherten. Der Schreibende verabschiede sich manchmal schmerzhaft von seinen überreichen Gedanken, und auch die übrig gebliebene Molke müsse ihrem Bottichdasein Adieu sagen. Sie käme allerdings der Ernährung der Schweine zugute. Wohin die Restgedanken der Dichter sich verflüchtigten, wisse er indes nicht zu sagen. Das Gedicht sei eine Verdichtung wie auch der Käse - die ulturelle Essenz.

Ich war hoch erfreut. Als Käseliebhaberin wird mich von nun an bei jedem Stück Gouda ein angenehm poetisches Gefühl begleiten und das genussvolle Wissen, in die Essenz eines langen Prozesses zu beißen.