Wegen des sonnigen Aprils blühten die Bäume zeitig. Jetzt werden die ersten Sorten gepflückt.

Hinterbrack/Jork. Jan Köpke, Obstbauer aus Hinterbrack, ist ein gefragter Mann. Sein Telefon klingelt ununterbrochen. Ein Termin jagt den nächsten. Mit breitem norddeutschen Akzent spricht er Sätze in die Telefonmuschel, die klingen wie dieser: "Jo, dat passt, mok wi so!". Alle wollen nur das eine von ihm: Sie wollen dabei sein, wenn die ersten Kirschen des Jahres 2009 geerntet werden. Und Obstbauer Köpke, der Mann mit dem akkuraten Bürstenschnitt, enttäuscht sie nicht.

Die kleinen Bäume seiner zweieinhalb Hektar großen Plantage ächzen schon jetzt, Anfang Juni, unter der Last von dicken, runden Kirschen. In saftigem Dunkelrot hängen die frühen Sorten Naprumi und Merchant von den Ästen - nicht nur bei Köpke, sondern auf insgesamt 600 Hektar im Alten Land. Gute Bilder für die Kameramänner. Zwei Wochen früher als sonst. "Das liegt am Rekord-April. Er war fünf Grad zu warm. Eine so kurze Blüte hatten wir noch nie", sagt Köpke.

Der 57-Jährige ist der Medienstar unter den 500 Kirschbauern des größten geschlossenen Obstanbaugebietes Deutschland. Er kürt eine eigene Kirschkönigin, organisiert ein eigenes Kirschenfest und lässt in diesem Jahr sogar die Oper "Nabucco" auf seinem Hof aufführen. Diese ehrgeizige Öffentlichkeitsarbeit neiden ihm viele. "Aber das ist mir egal", sagt Köpke.

Sein Kerngeschäft seien ohnehin die Kirschen. Und bei denen überlässt er nichts dem Zufall. Als einer der wenigen im Alten Land setzt Köpke auf den überdachten Anbau. "Damit ist das Risiko von Regenschäden wesentlich geringer", sagt er. Feuchtigkeit sei der größte Feind der Kirsche. Nach fünf Stunden lasse das Wasser die Frucht aufweichen, wenig später platzen.

Dennoch ziehen nur zehn Prozent der Altländer Bauern ihre Bäume ebenfalls unter Dächern heran. 90 Prozent verwenden lediglich Netze, die zwar Schutz vor freibeutenden Vogelschwärmen bieten, aber dem Angriff der Nässe nicht trotzen können.

Etwa 10 000 Bäume hat Köpke unter seiner Dachplane. Nacheinander reifen so die Sorten Naprumi, Merchant, Valeska, Kordia oder Regina, wobei die späten Sorten festfleischiger seien und dem Ideal der Kunden am nächsten kommen. Drei bis vier Tage brauchen die zumeist polnischen Erntehelfer, um eine Sorte komplett "durchzupflücken". Wie das abläuft, erklärt der Obstbauer pragmatisch: "Die Bäume sind jetzt fünf bis sechs Jahre alt, dementsprechend kleinwüchsig. Die Früchte sind gut ohne Tritt zu erreichen. Und wenn man an die Krone muss: Pflücktisch ran - und fertig ist die Laube."

Ob Köpke am Ende der Kirschenzeit das rote Steinobst noch sehen kann? "Natürlich! Der Schmacht ist zwar weg. Aber, ja, doch, mir schmecken die Kirschen auch am Ende noch." Und hat man als Obstbauer auch eine favorisierte Sorte: "Nein, mir schmeckt die erste und die letzte Kirsche."

Dass die ersten Kirschen in diesem Jahr rund zwei Wochen früher reif an den Bäumen baumeln, hänge tatsächlich mit dem guten Wetter im April zusammen, sagt Rolf Stehr, Abteilungsleiter für Kern- und Steinobst an der Obstbauversuchsanstalt in Jork. "Wir hatten viel Sonne zur Kirschblüte, das ist eine wichtige Voraussetzung für eine pralle Ernte."

Dem Ertrag sieht der Fachmann deswegen optimistischen entgegen. "Das wird ein guter Kirschensommer", sagt er.

Die Süßkirsche Burlat ist bereits zu Zweidritteln abgepflückt. Mit der Naprumi, einer mittelgroßen Süßkirsche, geht es weiter. "Der Anbau ist mittlerweile so abgestimmt, dass die Sorten nacheinander reif werden. So konnte die Dauer der sogenannten Kirschwochen auf eineinhalb Monate ausgedehnt werden."

Auch wurden die Sorten immer weiter verbessert, sagt Stehr. Die frühen Sorten, waren sie vor einigen Jahren noch kleiner und weicher, werden immer fester und größer. Schon in den nächsten Wochen kann die Merchant geerntet werden. "Mit ihrer Fruchtgröße und Bissfestigkeit entspricht sie fast den Vorstellungen, die viele Kirschfreunde mit dem Begriff Knubberkirsche verbinden."

Für die Kirschenwochen hieße es jetzt Daumendrücken, sagt Stehr. Denn besonders die letzten Reifetage sind entscheidend, weil die Kirschen sehr wasserempfindlich seien.

"Ein bis zwei Tage vor der Ernte darf es nicht stark regnen", sagt Stehr. Wenn die Kirschen zu viel Wasser aufnehmen würden, würden sie platzen.