Sturmschaden: Die einzige noch kommerziell genutzte Mühle im Elbe-Weser-Dreieck hat einen Flügel verloren. Eine Rettung ist ungewiss.

Hollern-Twielenfleth

Die "Freundin des Windes", die Windmühle "Amica Venti", hat schweren Schaden erlitten. Ausgerechnet eine starke Sturmböe wurde dem 160 Jahre alten Kleinod hinter dem Deich in Hollern-Twielenfleth zum Verhängnis. Einer der vier Mühlenflügel ist abgeknickt.

Bei freundlichem Wind mahlte Müller Hein Noodt das Getreide noch mit Windkraft. Doch damit ist nun erst mal Schluss: "Über die Feiertage konnte der Flügel nur provisorisch gesichert werden, am Dienstag wurde er abgenommen und liegt am Fuße der Amica Venti", sagte Jürgen Meyer, Ortsbürgermeister von Hollern-Twielenfleth. Die Schadenshöhe sei noch unklar. Wahrscheinlich ist auch der Mühlenkopf, die Aufhängevorrichtung der Flügel, beschädigt worden, so Meyer weiter.

Doch eines sei dagegen klar, wie Müller Hein Noodt sichtlich niedergeschlagen sagt: Die Reparatur werde teuer. Ob er sich die kostspielige Instandsetzung leisten könne, sei unwahrscheinlich. "Ich werde alle Flügel abnehmen lassen, da die Bausicherheit wegen der beschädigten Aufhängung nicht gewährleistet ist", so Noodt. Gemahlen werde nun mit Motorkraft. "Ich habe sechs Motoren, die ich nutzen kann", sagt er. "Doch als Umweltfreund habe ich immer die alternative Energiequelle vorgezogen." Der Verlust der Flügel sei nicht nur ein Drama für die Funktionstüchtigkeit der Mühle, sondern auch ein herber Verlust für die Dorfstruktur, meint Bürgermeister Meyer. "Die Amica Venti ist eine so schöne Mühle, ohne Flügel aber wird sie nur traurig aussehen." Besonders tragisch findet Meyer, dass die Mühle kurz vor dem 950-jährigen Dorfjubiläum am letzten Juniwochenende ihre Flügel verliert. Dennoch wolle er nicht die Segel streichen. Im Gegenteil: Meyer will jetzt Hein Noodt nach Kräften unterstützen und ihm Mut machen.

Erschüttert zeigte sich auch der stellvertretende Gemeindedirektor der Samtgemeinde Lühe, Kai Schulz. "Die Mühle ist kulturell und historisch von großer Bedeutung für den Ort, wir bedauern den Verlust der Flügel sehr."

Doch Schulz schöpft auch Hoffnung. "Es haben viele Menschen bei mir angerufen und gefragt, wie geholfen werden kann", so Schulz weiter. Er sei sich sicher, dass sich viele Bürger für die Rettung der Mühle einsetzen würden. Die Gemeinde selber würde sich, wenn Hein Noodt es möchte, schlau machen, welche Förderungen in Betracht kommen und alle Möglichkeiten in Betracht ziehen. "Wir wollen in der nächsten Woche mit Herrn Noodt sprechen", sagt Schulz.

Die Chancen auf eine Rettung stehen dabei gar nicht schlecht. Eckard Jens, stellvertretender Bauamtsleiter des Landkreises, sagte dem Abendblatt, dass Fördergeld für Windmühlen nicht so schwer zu bekommen sei. "Das liegt daran, dass es nicht mehr so viele historische Windmühlen gibt." Aber es sei von großem Vorteil, wenn sich ein Verein zur Rettung der "Amica Venti" gründen und Spenden sammeln würde. "So ein Zeichen wird immer positiv wahrgenommen", so Jens weiter.

Kai Schulz kann sich gut vorstellen, dass die Bürger eine Initiative gründen. "Wir haben in der Vergangenheit gute Erfahrungen damit gemacht."

Für die Restaurierung der Arp-Schnitger-Orgel in der St.-Mauritius-Kirche in Hollern sei etwa eine halbe Million Euro gesammelt worden. "Wenn so was bei einer Orgel funktioniert, warum dann nicht auch bei einer Mühle?", sagt Kai Schulz. In einem ähnlichen Fall in Henstedt-Ulzburg hatte ein Mühlenverein innerhalb von vier Jahren 200 000 Euro gesammelt, um der historischen Windmühle im Stadtteil Götzberg vier neue Flügel zu finanzieren. Ein Modell für Hollern-Twielenfleth?