Der Übungsparcours hatte es in sich, doch nach wochenlangem Training mit Unterstützung der Polizei schafften die Teilnehmerinnen das Fahrraddiplom.

Winsen

Die Idee entstand im Treffpunkt für ausländische und deutsche Frauen in der Reso-Fabrik, und die Stadt Winsen sowie die Verkehrswacht sagten gleich ihre Unterstützung zu. Polizeikommissar Mathias Fossenberger (30), der in der Reso-Fabrik mit Jugendlichen arbeitet, wurde damals von Frauen gefragt, ob er ihnen das Radfahren beibringen kann. Und los ging es vergangenen Oktober an jedem Dienstagvormittag in Theorie und Praxis: Frauen aus Italien, der Türkei, dem Irak, Libanon, aus Sri Lanka, Kasachstan und Deutschland steigen seitdem aufs Rad. Jetzt haben sie die Prüfung abgelegt.

Anfangs etwas scheu, dann mit der Entschlossenheit, ein wichtiges Fortbewegungsmittel beherrschen zu können, wagten sich die Frauen im Alter von 25 bis 40 Jahren an die Aufgaben. "Treten, treten, Anna, nicht aufhören zu treten", feuerten die Beobachterinnen die Italienerin an, die zwischen den Slalomklötzchen die Beine ruhig hielt, und deren Fahrrad deshalb an Tempo verlor. Die unausbleibliche Folge: Die Radfahrerin geriet ins Straucheln, und das Vorderrad drückte einige Klötzchen um.

Zahra El-Awji aus dem Libanon hatte schon mehr Sicherheit gewonnen und schnurrte elegant über den Übungsparcours. Nur vor der anstehenden Prüfung hatte die 37 Jahre alte Mutter von vier Kindern etwas Angst. Die Balance bei der Fahrt über ein Brett zu halten, falle ihr schwer. Während ihr Jüngster, Khaled (1), von den anderen Frauen behütet wurde, ging Zahra an den Start. "Ich fahre zwar Auto, aber nicht Fahrrad. Räder haben in meinem Heimatland nur die Kinder." Zahra lebt mit ihrem Mann, der in Hamburg selbstständig arbeitet, und ihrer Familie seit 14 Jahren in Deutschland.

Nach etwa drei Minuten hatte die Libanesin den Parcours erfolgreich absolviert, die Frauen klatschten Beifall, und Kommissar Fossenberger gratulierte und überreichte allen Teilnehmerinnen eine Urkunde. Der Polizeibeamte versprach den "diplomierten Radfahrerinnen", mit ihnen im Sommer eine Tour zu unternehmen, um das Erlernte zu festigen. Christian Riech, Vorsitzender der Verkehrswacht Harburg-Land, händigte allen Frauen einen Gutschein aus, mit dem sie sich Einzelteile wie Schloss, Klingel oder Lampen für ihre Räder kaufen können. Diese Aktion der Integration ausländischer Frauen erfolgte auch schon in Buchholz, wo die pensionierte Gleichstellungsbeauftragte Martha Vogelsang solch einen Radfahrer-Kursus in Kooperation mit der Polizei organisierte.