Sie ist 53 Jahre alt. Da kann eine Brücke aus Spannbeton, deren durchschnittliche Lebenserwartung etwa 80 Jahre beträgt, schon erste Falten bekommen.

Harburg. Um festzustellen, in welchem Zustand sich der Stahl im Beton der über die Gleise der Bahnstrecke Harburg-Cuxhaven führenden Brücke der Hannoverschen Straße befindet, waren in der Nacht von Montag auf Dienstag zahlreiche Fachleute mit einer ungewöhnlich aussehenden Prüf-Maschine auf der für den Autoverkehr voll gesperrten Brücke unterwegs. Neun Stunden lang, bis morgens um fünf Uhr, fuhr die Prüfmaschine, auf dem 73 Meter langen und 24 Meter breiten Bauwerk im Schritttempo hin und her.

Das Spezialfahrzeug ist eine Eigenkonstruktion des Instituts für Bauingenieurwesen an der Technischen Universität Berlin, hat starke Elektromagnete zu beiden Seiten und kann damit die im Beton gespannten Drähte magnetisieren. Ein Sensor erkennt dann gegebenenfalls Unregelmäßigkeiten im Magnetfeld, die auf Schäden in den Spanndrähten hinweisen würden. Und wie ist der Zustand der Brücke Hannoversche Straße?

"Das werden weitere Auswertungen ergeben", sagt Lutz Kirchner vom "Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer", zuständig für die Bauaufsicht. Gestern waren Baufachleute mit kleineren Messgeräten auch unter der Brücke auf Spurensuche. Die jetzige Prüfung übersteigt den Rahmen einer routinemäßigen Hauptuntersuchung, die alle sechs Jahre vorgeschrieben ist. Weil nun Schäden vermutet werden, wurde die Sonderuntersuchung in Auftrag gegeben.

Dipl.-Ing. Andrei Walther von der TU Berlin steuerte die Prüfmaschine, die erstmals auf einer Hamburger Brücke im Einsatz war. "Wir können den Stahl bis 30 Zentimeter Tiefe magnetisieren und Schäden an den Spanndrähten erkennen", sagt er. Und Bauprüfer Kirchner nimmt jede Sorge: "Wenn Zweifel an der Tragfestigkeit der Brücke bestehen würden, würde ich sie für den Verkehr nicht wieder freigeben."

Die Vollsperrung der Hannoverschen Straße war gestern früh wieder aufgehoben, und der Verkehr floss ungehindert. Während der nächtlichen Vollsperrung kam es wegen des geringen Verkehrsaufkommens zu keinen nennenswerten Verkehrsbelastungen auf Umleitungsstrecken. (gip)