Überall sind sie, die hippen Kleinkinder. Wenn ich mich von etwas verfolgt fühle, dann von der hippen Kleinfamilie: Mama, Papa und ein Kleinkind, das so viel Aufmerksamkeit bekommt, das es später sicher einmal narzisstische Starallüren pflegt.

Mama und Papa sind modische Mittdreißiger - gut aussehend - und das Kind, na klar, es gehört zu ihrem coolen Alltag halt dazu. Man sichtet die neue Spezies fast überall: In Cafés, Kneipen, auf der schicken Picknick-Decke im Park - das Kind je nach Alterslage umgeschnallt. Die Zeiten der Muttertiere zu Hause sind vorbei: Elternsein ist wieder cool und das nett ausstaffierte Kleinkind eine Art modisches Accessoire, wie der Laptop für die Selbstständigen oder der Coffee-to-go-Becher mit einem Schuss Flavour für die jungen Bürogänger.

Früher gab es wenigstens noch Zeiten, wo das durchschnittliche Kleinkind Sendepause hatte und ins Bett verschwand. Seine Quasselfreqenz brach sich meist an der Schallmauer des Sandmännchens, und die Erwachsenen konnten endlich mal in Ruhe miteinander sprechen. Letztes Wochenende sichtete ich in einer angesagten Hamburger Kneipe noch gegen 22 Uhr hippes Kleingemüse. Am Nachbartisch führte eine blonde Paulina mit geflochtenen Zöpfen das Zepter, und die Erwachsenen ordneten sich mit ihren Gesprächen - verblüffend - sogleich unter. Die höchstens Fünfjährige malte krakelige Bilder, und die Erwachsenen - promovierte Mediziner - hatten nichts anderes zu besprechen als Paulinas neuestes Oeuvre, das sie in den Himmel lobten. Anschließend bestellte sich Paulina kurz vor Mitternacht noch eine Mousse au chocolat zu ihrer Apfelsaftschorle. Selbstverständlich führte sie die Bestellung höchst persönlich bei der Tresenkraft durch, die wenig später mit dem süßen Dessert herantrabte. Man gönnt sich als hippes Kleinkind schließlich ja sonst fast nichts.