Acht flotte Damen auf dem Weg per Bahn an die Nordsee. Alle an die Siebzig. Wollen sich einen schönen Tag machen.

Denn sie haben etwas zu feiern -ihr Wiedersehen. Ich sitze schon im Zug. Die akustische Wucht der Damen bei ihrer Ankunft im Abteil lässt sich nicht überhören. Teenager-Lautstärke. Unfreiwillig lerne ich sofort: Es sind Schulfreundinnen, die vor 50 Jahren gemeinsam Rechtschreibung, binomische Formeln und Oxford Englisch gebüffelt haben. Merkwürdig, denke ich, es sind doch so viele, aber ich höre nur eine. Und wie!

Nach einigen Minuten weiß ich alles von ihr: Dass sie damals eine ziemlich gute Abi-Arbeit (deutsch, Antigone) geschrieben und später zehn Semester Kunstgeschichte studiert hatte, an der Uni angestellt war, zwei Töchter und einen Sohn hat und dass eine Tochter über ein wirklich besonderes Organisationstalent verfügt.

Die Kinder sind verheiratet, haben ihrerseits Kinder. Die Tochter führt ein edles Stoffgeschäft in der City, der Sohn lebt in Wien, und in drei Jahren möchte sie mit ihrem Mann umziehen, in ein Einzelhaus am Rande der Stadt, keine Doppelhaushälfte. Und dass man aufpassen müsse, zur Betreuung der Enkel nicht ständig eingesetzt zu werden, deswegen würden sie auch nicht in die Nähe der ältesten Tochter und deren Familie aufs Land ziehen wollen. Uff!

Die markante Stimme drang bis in die zarten Seiten meines Lyrikbändchens, von dessen Lektüre ich erst einmal absehen musste. "Wie geht es wohl den anderen Frauen?", fragte ich mich, denn von ihnen hörte ich keinen Mucks. Nach drei Stunden die Nordsee. Auch sie ist laut. Aber was für Ohrenschmaus gegen so manche menschliche Stimme.