Der EM-Spielführer von Matthias Popien

"Ich spiel' nicht mehr": Eltern kennen solche und ähnliche Trotzreaktionen. Beliebt sind sie nicht. Wenn der Kleine partout nicht die Schuhe anziehen oder den Brei essen will, dann kann das ganz schön nerven. Im Fußball ist es genau umgekehrt: Trotz ist manchmal geradezu erwünscht. "Ich erwarte jetzt eine Trotzreaktion meiner Spieler."

Dieser Satz gehört zum Standardrepertoire aller Fußballlehrer. Die Reporter kleiden denselben Sachverhalt gern in eine Frage an den Trainer: "Erwarten Sie jetzt eine Trotzreaktion Ihrer Mannschaft?" Es ist eine rhetorische Frage, sie kann in der Welt des Fußballs nur mit "Ja" beantwortet werden.

Die Trotzreaktion wird immer dann eingefordert, wenn die Mannschaft zuvor verloren hat. Nun ist aber der Verlust eines Spiels die normalste Sache der Welt. Es ist nicht einzusehen, warum ein Kicker danach einen Wutanfall bekommen und "Ich spiel' nicht mehr" brüllen soll.

Soll er auch nicht. Der Trainer verlangt eine ganz andere Reaktion, die mit dem Wort "Trotz" vollkommen falsch beschrieben ist. Seine Mannschaft soll nicht etwa das Spiel einstellen. Im Gegenteil: Sie soll einfach nur besser spielen als beim letzten Mal, verdammt noch mal!

Praxistipp: Wenn es dem Handwerker bei Ihnen zu Hause nicht gelingen sollte, das klemmende Gartentor zu öffnen, sagen Sie: "Ich erwarte jetzt eine Trotzreaktion." Vielleicht holt er dann die Brechstange heraus.

An jedem EM-Spieltag erklären wir Ihnen die eigenwilligen Regeln der Fußballsprache und sagen, wie Sie das Erlernte anwenden können